Orhan Pamuk muss in der Türkei wieder vor Gericht

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Der Berufungsgerichtshof in Ankara sprach sechs türkischen Rechtsnationalisten das Recht zu, von Pamuk wegen seiner Äusserungen zur Armenien-Frage Schadenersatz zu verlangen. Sie wollen jeweils etwa 16.000 Euro.

Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk muss in der Türkei erneut vor Gericht. Der Berufungsgerichtshof in Ankara gab den Weg für einen Schadenersatzprozess gegen Pamuk wegen dessen inkriminierten Äußerungen zur Armenierfrage frei, wie türkische Medien am Donnerstag berichteten. Demnach sprach das Tribunal den als Kläger auftretenden türkischen Rechtsnationalisten das Recht zu, von Pamuk Schadenersatz zu verlangen. Dieser hatte gesagt, dass in der Türkei eine Million Armenier und Zehntausende Kurden ermordet worden seien. Wegen der selben Äußerung war bereits 2006 ein Strafprozess gegen den Autor gelaufen, der aus formalen Gründen schließlich eingestellt wurde.

In dem anschließenden Schadenersatzprozess verlangten sechs türkische Nationalisten von Pamuk jeweils etwa 16.000 Euro Schmerzensgeld. Sie argumentierten, sie seien als türkische Staatsbürger durch Pamuks Äußerungen in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt worden. Ein untergeordnetes Gericht in Istanbul hatte dies zurückgewiesen. Nun machten die Berufungsrichter aber den Weg zu einem Prozess gegen Pamuk frei.

Auf der "Todesliste" der Ultranationalen

Orhan Pamuk soll ebenso wie der in Istanbul residierende Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. und weitere prominente Persönlichkeiten auf einer "Todesliste" der ultranationalistischen Geheimorganisation "Ergenekon" stehen. Die Justiz wirft der Gruppe vor, durch politischen Mord und Zusammenarbeit mit dem organisierten Verbrechen Chaos im Land zu erzeugen. Damit wolle sie die Streitkräfte im Namen der Verteidigung der Prinzipien des Kemalismus zu einem Staatsstreich gegen die Regierung der islamisch-konservativen Partei AKP zwingen, lautet der Vorauf weiter.

"Ergenekon" wird unter anderem verdächtigt, für die Morde an drei christlichen Missionaren in Malatya 2007, dem Mord an dem türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink und jenen an einem katholischen Priester in Trabzon mitverantwortlich zu sein.

(Ag.)

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