„Loretta“: Roadtrip auf mormonisch

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Mit 15 wird Loretta Zweitfrau eines Fundamentalisten. Mit dem verliebten Jason plant sie ihre Flucht. Eine präzise Studie aus einem fremden amerikanischen Milieu.

Da ist Bradshaw, der Loretta gern nachts mit seinem Pickup abholt. Dann Dean: Mit ihm wird Loretta im Alter von 15 zwangsverheiratet, als ihr die Eltern auf die Schliche kommen. Und schließlich Jason, der nicht nur von Loretta träumt, sondern auch von Evel Knievel und von Abenteuer.

Evel Knievel, der weißgekleidete Motorradstuntman, Posterboy in Siebzigerjahre-Bubenzimmern: Von ihm ist in Shawn Vestals „Loretta“ zumindest ebenso sehr die Rede wie von dem Milieu, aus dem der Autor stammt. 1966 wurde er in eine Mormonenfamilie in Idaho geboren. Er verließ sie als Erwachsener, wurde Reporter und Kolumnist. Und kehrt nun in seinem Debütroman zu diesen Wurzeln zurück.

Zu den „reichen, blonden Mormonen“ aus Salt Lake City, bei denen man „kaum merkt, das sie überhaupt Mormonen sind“. Zu jenen, die bäuerlicher sind, wie Jasons Familie, die aber immerhin manchmal Country Music hört. Und zu den Fundamentalisten, wie Deans Familie, mit ihrem „Pferdefraß“ und ihrer Polygamie und den „Schwesterehefrauen“. In dieses Paralleluniversum mit seinen Menschen und ihren Schwächen nimmt einen Vestal mit – nur um mit Loretta und all ihren Verehrern wieder auszubrechen.

Was folgt, ist ein Teenager-Roadtrip durch den amerikanischen Nordwesten, scharf beobachtet, präzise formuliert. Sogar Evel Knievel taucht darin auf – und schließlich zeigt Loretta allen Sehnsüchtigen und ihren Ansprüchen die lange Nase. tes

Shawn Vestal: „Loretta“, übersetzt von Verena Kilchling, Kein & Aber Verlag, 400 Seiten, 24,70 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2017)

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