Der Teufel kann sie holen

Schreibt Bücher und Theaterstücke: der in Alaska geborene Autor Forrest Leo.
Schreibt Bücher und Theaterstücke: der in Alaska geborene Autor Forrest Leo.(c) Abigail Sparrow
  • Drucken

Forrest Leos Debütroman „Der Gentleman“ ist ein irrwitziges Stück Literatur irgendwo zwischen Monty Python und Ephraim Kishon. Recht unterhaltsam also.

Lionel Savages Frau Vivien veranstaltet schon wieder einen dieser Maskenbälle. Es ist furchtbar. Die Gäste trinken Schampus, tanzen herum und unterhalten sich nicht nur gut, sondern bestens. Lionel hat sich in seinem Arbeitszimmer verschanzt, in der Hoffnung, diesen Zirkus unbemerkt zu überstehen.

Nur: Ein Mann stört seine selbstgesuchte Einsamkeit. Mittelgroß, leicht stotternd, er mag Bücher und hat ausgesuchte Manieren. Es stellt sich heraus, der Mann ist der Teufel und würde sich gern mit Lionel anfreunden. Im Gegensatz zu seinem äußerst schlechten Ruf scheint dieser Luzifer hier ein Gentleman zu sein. Also willigt Lionel ein, hat er doch mit dem Teufel schon eine Gemeinsamkeit: Sie sind beide nicht sonderlich gesellschaftsfähig.

Dem netten Teufel vertraut sich der junge Dichter dann gleich an. Seit er verheiratet ist, seit sechs Monaten also, kann er nicht mehr schreiben, und seine Gattin Vivien muss schuld sein. Eine schlimme Partie. Sie schmeißt Partys und wirkt kühl, er hat die totale Blockade, und hätte der Butler nicht seine Suizid-Pläne durchkreuzt, er wäre schon längst beim Gentleman eingezogen. Als der Teufel wieder geht, ist auch Vivien verschwunden. Hat er sie etwa mitgenommen? Hat der grausame Lionel wirklich seine Frau an den Teufel verhökert?

Konzipiert als Theaterstück. Forrest Leos Roman ist das, wonach es sich anhört: ein schräges Stück mit viel Tempo, ein britischer Rundumschlag, herb wie Monty Python, aber exzentrisch wie Ephraim Kishon. Dabei ist der junge Autor ein Amerikaner aus Alaska, geboren im Jahr 1990, der seine Leser in die Londoner Upper Class des viktorianischen Zeitalters geleitet. Leo, der Drama an der New York University studierte, hat mit „Der Gentleman“ ein vielerorts gelobtes Debüt verfasst. Ursprünglich konzipiert als Theaterstück, weist es in groben Zügen dessen Merkmale auf, mit einem furiosen Finale, das alle Beteiligten auf die Bühne holt und die Wirrnisse allmählich lichtet.

Denn Lionel kommt im Laufe der nächsten Stunden darauf, dass er seine Ehegattin Vivien doch sehr liebt. Er muss sie zurückholen, aber wo genau befindet sich die Hölle? Und außerdem soll auch nicht jeder erfahren, dass er Vivien, die zu den reichsten Familien im Königreich gehört und die er hauptsächlich des Geldes wegen geheiratet hat, nach einem freundlichen Gespräch quasi Satan überreicht hat.

Lionel bekommt Unterstützung von seiner flatterhaften Schwester Lizzy, von seinem Schwager, einem hünenhaften und verrückten Entdecker im Stil eines Chuck Norris, dem würdevollen Butler und einem verunsicherten Entdecker.


Fantastisch und komisch. Der Autor lässt seine Fantasie fliegen und ist dabei ungemein komisch. Er macht Dante Alighieri zum unbegabten Gärtner des Teufels, die Hölle nennt er Essex Grove und den verunsicherten Entdecker recht britisch Fitzwilliam-Lewis Kensington. Fußnoten ziehen sich ebenfalls durch das Buch: Es sind die trockenen Anmerkungen eines angeheirateten Cousins, der als Randerscheinung in dieses Abenteuer involviert und von Lionel Savages Mittelmäßigkeit überzeugt ist.

Denn der Erzähler und Verfasser des Textes ist der bornierte und selbstgefällige Lionel selbst, und der Cousin Hubert hat die Rolle des Herausgebers, will aber Lionels Übertreibungen nicht unkommentiert lassen.

Streckenweise hat Leo dick aufgetragen, aber sein Buchkonzept ist derart skurril, dass die Szenen nicht arg konstruiert wirken, da mögen noch so viele Duelle stattfinden, Nackte auftauchen und Flugzeuge fliegen.

Neu erschienen

Forrest Leo
„Der Gentleman“ übersetzt von Cornelius Reiber
Aufbau-Verlag
296 Seiten, 20 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.