Hans Magnus Enzensberger und Botho Strauß waren/sind ideologische Antipoden. Nun haben ihre Kinder fast gleichzeitig Debütromane veröffentlicht – und sie erweisen sich als fast so gegensätzlich wie ihre Väter.
Gemeinsam war ihnen nur der Eigensinn: Hans Magnus Enzensberger, einst geistige Leitfigur revolutionärer Studenten, und Botho Strauß, zunehmend als reaktionär verschrieener Hüter elitärer vergangener Geisteswelten. Allein schon deshalb ist bemerkenswert, dass zwei ihrer Kinder im Juli zur gleichen Zeit Romane veröffentlicht haben. Theresia Enzensberger und Simon Strauß gehören derselben Generation an (beide sind um die 30), pflegen künstlerisch guten Kontakt. Umso erstaunlicher, dass sie sich in ihren Romanen „Blaupause“ und „Sieben Nächte“ als fast ebenso gegensätzlich erweisen wie ihre Väter.
Dabei erzählen beide von der Suche eines jungen Menschen nach dem eigenen Weg, mit Nähe und Sympathie zu ihrer Hauptfigur, die beiden auch als literarisches alter ego zu dienen scheint. Theresia Enzensberger lässt die Bürgerstochter und Bauhaus-Studentin Luise Schilling auf vegetarische Naturmystiker, Kommunisten, Faschisten und ein frauenfeindliches Kunstleben treffen. Strauß' Protagonist schließt einen Pakt mit einem mysteriösen Unbekannten, um der drohenden Monotonie des Erwachsenenlebens zu entgehen – er soll sieben Todsünden begehen. Während aber Enzensberger hundert Jahre in die Vergangenheit zurückgeht, um eine frisch und heutig wirkende Geschichte zu erzählen, ist es bei Strauß umgekehrt. Seine Geschichte spielt in der Gegenwart, und man fühlt man sich zurückversetzt – um viele Jahre, ja, um ein Jahrhundert.