In „Der kleine Niko“ behandelt die Schriftstellerin den Fall Pelinka. Der Text steht seit Montag auf Jelineks Homepage.
„Das Ende der Sozialdemokratie, es ist jetzt gekommen und ist jetzt da, nicht einmal mit einem Flüstern tritt es auf, sondern breit grinsend, ich bin nicht gekommen, euch den Frieden zu bringen, sondern mein entwaffnendes Grinsen (ein Schwert werden wir gar nicht mehr brauchen!), das sagt: Ich weiß nichts, aber ich weiß, daß ich nichts wissen muß, und mein Defizit, das ganze Länder versenken könnte, ist kein Stoffdefizit, der Stoff geht mir nicht aus, nie, und es muß kein Stoff sein, aus dem Träume sind. Den sollen sie im Fernsehn machen. Und ich mache den, der das Fernsehn macht. Ich muß nicht träumen. Ich bin, das genügt.“
So beginnt Elfriede Jelinek den Text „Der kleine Niko“, der seit Montag auf ihrer Homepage (www.elfriedejelinek.com) steht: Der Mann, den sie ein Jesuswort (Matthäus 10, 34) variieren lässt, ist offensichtlich Nikolaus Pelinka: „Ein rotblonder, sympathischer junger Mann, Mitglied einer ganzen Sippe von Gekennzeichneten, das Gegenteil von: Gezeichneten, nicht ganz das Gegenteil von Bezeichneten, sie sind alle bezeichnet, so wie man Bäume fürs Gefälltwerden bezeichnet, und gefallen tun sie uns, dafür sorgen sie schon, oder nein, anders, vielleicht so: Das heißt, sie sind alle gekennzeichnet durch eine Nähe zu dieser Partei, der Onkel Politologieprofessor, der Vater Chefredakteur von Meinungsbildnern [...]“
„Totengräber“ der Sozialdemokratie
Die „beiden sympathischen, netten jungen Leute“ seien die „Totengräber“ der Sozialdemokratie: Sie „töten die politische Bewegung, aus der ihre Altvorderen gekommen sind. Und jetzt ist sie tot, die Sozialdemokratie, sie weiß es vielleicht noch nicht, ich glaube, sie weiß es wirklich nicht, wenn ich mir diese Gesichter so anschaue, na gut, dann helfe ich halt nach, ich erkläre sie für tot, und jetzt kommt etwas anderes.“
An anderer Stelle: „Die eine, das Mädel, demonstriert die Unabhängigkeit einer Partei von der Kronen Zeitung, der andre, der Bub, garantiert die Unabhängigkeit des österreichischen Rundfunks, welche uns aber schon einmal garantiert worden ist. Garantiert wird sie jetzt noch garantierter!“ Jelinek sieht ein „Beziehungsgeflecht, in dem einer den andren raufschiebt und schon den Nächsten nachschiebt, ein Menschenfressermodell für das Öffentlich-Rechtliche“. Und sie sieht immer wieder Pelinkas Grinsen: „Grins grins grins, dagegen war die Sonne vom Wörthersee ein Kind von Traurigkeit [...]“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2012)