Israel verhängt Einreiseverbot gegen Günter Grass

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Der deutsche Autor wurde nach seinem umstrittenen Gedicht zur Persona non grata erklärt. Innenminister Eli Jischai sagte, Grass wolle "die Idee weiterbringen, die er früher mit dem Tragen der SS-Uniform offen unterstützt hat".

»Wenn Günter Grass weiter seine verqueren und lügnerischen Werke verbreiten will, sollte er dies vom Iran aus tun. «

Israels Innenminister Eli Jischai

Israel hat Günter Grass Rundfunkberichten zufolge wegen seiner jüngsten Äußerungen über die israelische Politik zur Persona non grata erklärt. Ein Sprecher des israelischen Innenministers Eli Jischai bestätigte am Sonntag einen entsprechenden Rundfunkbericht. Als Persona non grata, also unerwünschte Person, darf Grass nicht mehr nach Israel einreisen. Es ist nicht das erste Mal, dass Israel vom Recht Gebrauch macht, Personen die Einreise zu verweigern. Im Februar 2000 verhängte das Innenministerium ein Einreiseverbot gegen den inzwischen verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider.Der israelische Innenminister sagte nach Angaben des Radioberichts, Grass habe mit seinen Äußerungen versucht, Hass auf Israel zu erzeugen. Grass wolle so "die Idee weiterbringen, die er früher mit dem Tragen der SS-Uniform offen unterstützt hat". "Wenn Günter Grass weiter seine verqueren und lügnerischen Werke verbreiten will, sollte er dies vom Iran aus tun, dort kann er sicher ein begeistertes Publikum finden", habe Yishai weiter gesagt.

Auch der israelische Außenminister Avigdor Lieberman kritisierte Grass nach Rundfunkangaben scharf. Bei einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Monti habe er gesagt, die Äußerungen von Grass seien ein Ausdruck des Zynismus. Intellektuelle wie er seien bereit, "Juden auf dem Altar der Antisemiten zu opfern".

Grüne: "Einreiseverbot falsch und überzogen"

Der deutsche Grünen-Politiker Volker Beck hat die harte Reaktion der israelischen Regierung auf ein umstrittenes Gedicht des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass scharf kritisiert. "Ein Einreiseverbot für Grass halte ich für überzogen und falsch", sagte der Fraktionsgeschäftsführer zu "Handelsblatt Online".

Beck warf den israelischen Behörden Intoleranz im Umgang mit Kritik vor: "Es passt zu der Linie der aktuellen israelischen Regierung und wie sie mit Kritik und Streit auch im eigenen Lande umgeht." Dies sei "unsouverän und demokratisch nicht klug". Beck forderte die israelische Regierung auf, den Schritt noch einmal zu überdenken.

Reich-Ranicki: Geplanter Schlag gegen alle Juden

Grass hatte in seinem Gedicht angeprangert, dass der Iran von einem atomaren Präventivschlag durch Israel bedroht sei, der das iranische Volk auslöschen könne. Dies hatte ihm harsche Kritik und den Vorwurf des Antisemitismus eingebracht- auch von Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der aus einer jüdischen Familie stammt. Es sei "ein ekelhaftes Gedicht", das politisch und literarisch wertlos sei, sagte Reich-Ranicki der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Literatur- Nobelpreisträger stelle "die Welt auf den Kopf".

"Der Iran will Israel auslöschen, das kündigt der Präsident immer wieder an, und Günter Grass dichtet das Gegenteil. Das ist eine Gemeinheit, so etwas zu publizieren", betonte Reich-Ranicki.Das Gedicht sei ein geplanter Schlag nicht nur gegen Israel, sondern gegen alle Juden. Reich-Ranicki betonte, Grass sei kein Antisemit, aber er spiele gezielt auf antisemitische Neigungen in Teilen der Bevölkerung an. Darum mache ihm das Gedicht auch Angst.

Westerwelle: "Nicht geistreich, sondern absurd"

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) schrieb unterdessen in einem Gastbeitrag für "Bild am Sonntag", Israel und den Iran auf die "gleiche moralische Stufe" zu stellen, sei "nicht geistreich, sondern absurd." Es gebe "glaubhafte Hinweise auf eine mögliche militärische Dimension" des iranischen Atomprogramms. Dieses werde von Teheran "ungeachtet aller internationaler Kritik" vorangetrieben.

(Ag.)

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