Grass reagiert auf das israelische Einreiseverbot

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Der deutscher Autor und Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass vergleicht die Maßnahme mit jener der DDR. Innenminister Yishai von der religiösen Shas-Partei will den Dichter in einem neutralen Land treffen.

Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, der Israels Regierung in einem Prosagedicht unterstellt hatte, sie erwäge einen Erstschlag, der das iranische Volk auslöschen könne, hat am Donnerstag eine Stellungnahme zu den inzwischen erfolgten Sanktionen des israelischen Innenministeriums abgegeben – in der „Süddeutschen Zeitung“, wo er am 4. April den Text „Was gesagt werden muss“ abgedruckt und damit die heftige Kontroverse ausgelöst hatte.

Das Gedicht wurde sowohl in Israel als auch von deutschen Politikern und Medien mehrheitlich abgelehnt und zum Teil sogar als israelfeindlich und antisemitisch bezeichnet. Die israelische Regierung erklärte Grass am 8. April zur „Persona non grata“ und verhängte ein Einreiseverbot.

Grass weist nun in der „SZ“ unter dem Titel „Damals wie heute“ darauf hin, dass ihm bereits dreimal die Einreise in ein Land verboten worden war, das erste Mal von der DDR „auf Geheiß des Ministers für Staatssicherheit, namens Mielke“. Er, Grass, sei auch später, nach Rücknahme dieser Sanktion, „als zersetzendes Element“ eingestuft und verstärkt observiert worden.

Burma lässt den Dichter hoffen

Auch Burma habe ihm und seiner Frau die Einreise verweigert, als er sich 1986 mehrere Monate in Kalkutta aufgehalten hatte: „In beiden Fällen wurde die in Diktaturen übliche Praxis vollzogen.“ Jetzt sei es der Innenminister einer Demokratie, der ihn bestrafe. Im Tonfall erinnere ihn die Begründung Eli Yishais an das Verdikt Mielkes, schreibt Grass. Das aber werde seine Erinnerung an Israel-Reisen nicht verhindern. „Immer noch ist mir die Stille der judäischen Wüste gegenwärtig“, heißt es in dem Text, „immer noch sehe ich mich dem Land Israel unkündbar verbunden.“ Nach neuerlicher Schelte für Israels Regierung wegen eigenmächtiger Atompolitik schließt Grass mit dem Satz: „Allein Burma lässt kleine Hoffnung keimen.“

Minister Yishai von der religiösen Shas-Partei zeigte sich gestern bereit, Grass zu treffen, „falls er mit dem Schreiben antisemitischer Gedichte aufhört“, allerdings solle die Aussprache in einem neutralen Land erfolgen. Er werde ihm gerne erklären, warum ein Mensch, der sich freiwillig zur SS gemeldet hat, „kein Recht hat, in das Land eines Volkes zu reisen, dessen Vernichtung er mitbetrieben hat“. Grass irre sich, wenn er Israel in eine Reihe mit düsteren Regimes stelle. Israel habe „ein kluges und sorgfältig abwägendes Regime“. norb

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