Reprofehler: „Holocaust“-Fehlleistung in Entenhausen

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In der aktuellen Ausgabe der „Micky Maus Comics“ werden die Pfadfinder ausgezeichnet – mit dem Ausruf „Holocaust!“. Der Verlag zog die Hefte zurück und schwärzte die Passage.

„Desgleichen gehen die Auszeichnungen an unsere wackeren und allzeit hellwachen Feuerwachen!“, ruft ein Protagonist in der aktuellen Ausgabe der „Micky Maus Comics“. Und fügt hinzu, als wäre es ein verstärkender Ausruf: „Holocaust!“ Mittlerweile ist das Wort geschwärzt, der deutsche Ehapa-Verlag hat die Auflage zurückgerufen und den Begriff in Handarbeit übermalen lassen. Die wenigen ungeschwärzten Hefte, die vor dem Rückruf verkauft wurden, könnten zu Sammlerstücken werden.

Wie konnte es zu diesem Fauxpas kommen? In der Episode, die der Amerikaner Carl Barks bereits in den 1970ern gestaltet hat, verhindern die Pfadfinder vom Fähnlein Fieselschweif (darunter Tick, Trick und Track) einen Waldbrand. „Plaques to the lookouts for pinpointing the awesome holocaust“, sagt der Laudator in der Originalversion. Das lässt sich ungefähr mit „Medaillen für die Wächter, die das Inferno lokalisiert haben“ übersetzen. Denn im Englischen hat der Begriff „holocaust“ – wenn er klein geschrieben wird – ein weiteres Bedeutungsfeld als heute im Deutschen, wo er für den Massenmord an den Juden durch das NS-Regime verwendet wird, seltener (und umstrittener Weise) auch für andere Genozide. Im Englischen heißt „holocaust“ auch „Inferno“, „Vernichtung“ – vor allem durch Feuer, entsprechend der wörtlichen, zunächst für Tieropfer gebrauchten Bedeutung: „vollständig verbrannt“.

Bisher kam das Wort nicht in den deutschen Versionen der Geschichte vor. Für die „Micky Maus Comics“ wurde die Episode aber komplett neu übersetzt – dabei passierte der Fehler. Es sei „ein Reprofehler“, sagte Elke Schickedanz, Pressesprecherin des Ehapa-Verlages, zum „Spiegel Online“. Der englische Text sei nicht sauber genug aus der Sprechblase entfernt worden, ausgerechnet das Wort „Holocaust“ sei vergessen worden.

Ein ähnlicher Fall ereignete sich vor einigen Jahren, als die Geschichte „April, April“ neu abgedruckt wurde. Im Original (1948, ebenfalls von Barks) ist Hitlers „Mein Kampf“ auf einer Müllkippe in Entenhausen zu sehen. Bei einem Nachdruck 2005 wurde vergessen, den Titel des Buches zu entfernen. Damals geriet der Verlag in die Kritik, auch, weil er das betreffende Bild unkommentiert abgedruckt hatte. sig

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2012)

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