Radio: Amon hat „nicht das Vertrauen der Redaktion“

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Die ORF-Redakteure werfen Hörfunkdirektor Karl Amon „unternehmensschädigendes Verhalten“ bei der Innenpolitik-Nachbesetzung vor. Amon wirbt indessen in einem E-Mail an die Redakteure für seinen Kandidaten.

In der Haut von Edgar Weinzettl möchte man derzeit nicht stecken. Seit Hörfunkdirektor Karl Amon angekündigt hat, er wolle den stellvertretenden Chefredakteur von Radio Wien zum neuen Innenpolitik-Chef der ORF-Radios machen, ist die Belegschaft im Aufstand. Am Montag verfasste die Redakteursversammlung eine Resolution, in der es u. a. heißt: „Der Hörfunkdirektor hat im Bestellungsprozess der Leitung des Ressorts Radio-Innenpolitik nicht das Vertrauen der Redaktion.“ Hauptkritikpunkte sind eine vermutete Nähe Weinzettls zur SPÖ und fehlende Erfahrung. In der Resolution heißt es, er erfülle einige Punkte der Stellenausschreibung nicht, „insbesondere die geforderte Erfahrung in der innenpolitischen Berichterstattung, die umfassende Kenntnis der österreichischen Innenpolitik, der Institutionen und Körperschaften, und die Fähigkeit zur politischen Analyse bundes- und europaweiter Themen“ – das sei beim Hearing auch gar nicht abgefragt worden.

Amon: „Ein ausgezeichneter Journalist“

Amon wirbt indessen in einem E-Mail an die Redakteure der Radio-Information (das der „Presse“ vorliegt) für seinen Kandidaten. „Mangelnde ,Erfahrung‘ im ,Fachgebiet‘ kann man einem stellvertretenden Chefredakteur eines Landesstudios nicht wirklich vorwerfen“, meint er darin. Weinzettl sei „ein ausgezeichneter innenpolitischer Journalist, eine erstklassige Führungskraft und ein Garant für die Unabhängigkeit“. Und: Man könne „nicht wegdiskutieren“, dass er das Hearing gewonnen habe. Doch die Redakteursvertreter stellen das Hearing infrage, vermuten sogar, das Ergebnis sei vorab festgestanden. Die Redakteure fordern von ORF-General Alexander Wrabetz „nachvollziehbar objektive Besetzungsprozesse“ statt „völlig intransparenter Hearings“. Dass Amon das „angebliche Ergebnis“ des Hearings öffentlich gemacht habe, verstoße gegen die garantierte Vertraulichkeit und beschädige „mutwillig“ die „angeblich unterlegenen“ Bewerber, heißt es in der Resolution. ORF-General Alexander Wrabetz, der die Letztentscheidung trifft, wird aufgefordert, „das unternehmensschädigende Verhalten des Hörfunkdirektors unverzüglich zu stoppen“.

Amon hofft unterdessen auf Einsicht seiner Mitarbeiter: „Gebt ihm eine faire Chance!“, fordert er die Innenpolitiker auf. Die Redakteure hingegen fordern die Rücknahme seines Personalvorschlags. Für heute, knapp nach 13 Uhr, ist eine Protestaktion vor dem Funkhaus geplant. i. w.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2012)

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