Die Titanic sinkt, der Plot beginnt

British actress Michelle Dockery of the drama series 'Downtown Abbey' arrives at the 64th Primetime Emmy Awards in Los Angeles
British actress Michelle Dockery of the drama series 'Downtown Abbey' arrives at the 64th Primetime Emmy Awards in Los AngelesREUTERS
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Der Privatsender ATV zeigt die britische Erfolgsserie „Downton Abbey“ über die Geschichte der Adelsfamilie Crawley.

Gebügelt muss auch die Zeitung werden, die den Untergang der Titanic im April 1912 verkündet, bevor sie dem Hausherrn zur Lektüre vorgelegt wird. Andernfalls würde der Earl of Grantham schwarze Finger von der Druckerschwärze bekommen. Doch wie der Graf Tage später weiß, hat er eigentlich andere Sorgen als das bisschen Farbe auf den Fingerkuppen. Die Titanic ist untergegangen und mit ihr Cousin Patrick. Er hätte das Erbe des Earl antreten sollen.

Denn Robert Crawley, stolzer Graf von Grantham und Hauptfigur der Serie „Downton Abbey“, ist Vater von drei Töchtern. Im Jahr 1912 aber gilt im britischen Hochadel noch die konservative Regel, nur ein Mann kann Titel und Anwesen einer Grafschaft erben. Lady Mary, die älteste Tochter, hat ihr Schicksal längst durchschaut: „Frauen wie ich haben kein Leben. [...] Wir sind gefangen in einem Warteraum – bis wir heiraten.“ Mit dem Schiffsunglück beginnt die britische Adelsserie, doch weitere Katastrophen folgen bis zur soeben in Großbritannien gezeigten dritten Staffel: Erster Weltkrieg, Spanische Grippe, Wirtschaftskrise. Mit einer Mischung aus edlem Kostümschinken und realer Geschichtsaufarbeitung brach „Downton Abbey“ vom Start der Erstausstrahlung im britischen Privatsender ITV 2010 alle Rekorde. Das Kostümdrama aus der Feder des früheren Schauspielers und Drehbuchautors („Gosford Park“) Julian Fellowes gewann nicht nur unzählige Preise, es begeistert die Zuseher wie selten eine Historienserie zuvor. Fellowes schildert den Alltag des Hochadels im beginnenden 20. Jahrhundert anhand des fiktiven, titelgebenden Downton Abbey (als Kulisse dient Highclere Castle im südenglischen Berkshire), in dem er die Sorgen der adeligen Familienmitglieder und der Dienstboten – von Butler Carlson bis zur obersten Dienstbotin Anna Smith – schildert, jedoch auch deren Berührungspunkte.

Nach wenigen Folgen zum Star der Serie avanciert, ist die Oscar-gekrönte Schauspielerin Maggie Smith (u.a. „Harry Potter“). Sie spielt die Mutter des Grafen Robert Crawley und sorgt mit ihren zynischen Aussagen am häufigsten für Lacher. Ihre Beliebtheit verdankt die Serie aber auch den präzisen, nie geschwätzigen Dialogen und ja, auch den opulenten Kostümen. Die dürften nach dem Sechzigerjahre-Hype (ausgelöst durch die Serie „Mad Men“) den nächsten Modetrend beeinflussen. awa

Sonntag, 20.15 Uhr, ATV

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2012)

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