Trotz Widerstands im ORF: Wrabetz bestellt Weinzettl

Trotz internen Widerstands Wrabetz
Trotz internen Widerstands Wrabetz(c) ORF (Hans Leitner)
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Die Redakteure werfen Edgar Weinzettl vor, parteipolitischer Wunschkandiat zu sein. Trotzdem wird er Ressortleiter der Innenpolitik im Radio.

Erneut macht eine umstrittene Personalcausa im ORF kurz vor Weihnachten Schlagzeilen: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat am Freitag Radio Wien-Wortchef Edgar Weinzettl zum neuen Ressortleiter der Radio-Innenpolitik bestellt. Wrabetz stellte sich damit auf die Seite von Radiodirektor Karl Amon und entschied gegen Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter sowie die Redakteure der Hörfunk-Information. Weinzettl soll seine Funktion am 17. Dezember antreten, hieß es in einer Aussendung.

Die geplante Bestellung hatte in den vergangenen Wochen für zahlreiche Proteste gesorgt. Die Redaktion ist gegen Weinzettl, weil er als Wunschkandidat der roten Stadtregierung gilt und weniger qualifiziert für den Job sei als andere Kandidaten. Sie hatten sich für die erfahrenen Ö1-Redakteure Andreas Jölli oder Stefan Kappacher ausgesprochen.

Amon: Weinzettl ist "erstklassiger Journalist"

Radiodirektor Amon bezeichnete Weinzettl als "erstklassigen Journalisten" und nannte ihn einen "Garanten für unabhängige Berichterstattung". Chefredakteur Hannes Aigelsreiter sagte Weinzettl volle Unterstützung zu. Dieser zeigte sich über die neue Aufgabe erfreut. "Die Qualität sichern bei vorhandenem Spardruck - und das alles in einem Super-Wahljahr" nannte Weinzettl als vordringliche Aufgabe.

Amon hatte Weinzettl Ende Oktober für den Posten vorgeschlagen, während sich Chefredakteur Aigelsreiter für den interimistischen Innenpolitikchef Andreas Jölli aussprach. Weinzettls Name tauche in der Angelegenheit erstmals rund um das Kanzlerfest vor dem Sommer auf.

In einer Redakteursversammlung stimmten sie mehrheitlich für den stellvertretenden Innenpolitik-Chef Stefan Kappacher und für Jölli, Weinzettl erhielt nur eine Stimme. Aus dem offiziellen ORF-Hearing ging Weinzettl als Erstgereihter hervor.

Protest im Web und vor dem Funkhaus

Weinzettl sei ein "parteipolitisch gewünschter Kandidaten" und ein "Aufpasser" im anstehenden Wahljahr, kritisierten die Redakteure. Vor allem fehle es ihm aber an innenpolitischer Erfahrung und Qualifikation. Die Journalisten protestierten in Mails, Versammlungen und öffentlich vor dem Funkhaus, während Radiodirektor Amon nicht müde wurde zu betonen, dass Weinzettl Innenpolitik kann. Der Konflikt zwischen Amon und Redaktion wurde dabei immer größer, das bisher gute öffentliche Image der Radio-Information durch die Vorgänge der vergangenen Wochen beschädigt.

"Amon demontiert da gerade sein eigenes Denkmal", meinte etwa ORF-Redakteursratsvorsitzender Dieter Bornemann. Seinen guten Ruf der Unabhängigkeit habe er aus Sicht der ORF-Journalisten "verspielt". Wrabetz stellte sich schließlich trotz des Gegenwinds der Redakteure auf die Seite seines Radiodirektors. Zum Bestellvorgang und zu Weinzettl selbst schwieg der ORF-General.

Redakteurssprecher "fassungslos"

Kritik kam von den Redakteurssprechern der Radio-Information. "Wir sind fassungslos über die Entscheidung der Geschäftsführung zur Postenvergabe im Ressort Innenpolitik", hieß es in einem der APA vorliegenden Mail an den ORF-Chef. Man habe in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder auf "die damit verbundene Problematik" hingewiesen. "Die Redakteursvertretung hat in dieser Sache wiederholt und zeitgerecht der Geschäftsführung die massiven Bedenken mitgeteilt und gleichzeitig ihre Kompromissbereitschaft signalisiert. Es geht nicht darum, dass sich eine Redaktion ihre Chefs selbst aussuchen darf, sondern um das Recht auf fachlich unbestrittene, allseits akzeptierte Führungskräfte."

Die Verantwortung für alle mit der Bestellung von Weinzettl verbundenen Folgen "liegt nun bei Ihnen und beim Hörfunkdirektor", schreiben die Redakteurssprecher. Es geh nun nicht mehr nur um die unmittelbaren Auswirkungen für die Hörfunk-Information. "Es geht darum, im gesamten ORF Entscheidungen zu verhindern, die dem Ansehen und der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schaden. Das beharrliche Ignorieren der den Redaktionen zustehenden Mitwirkungsrechte muss aufhören." Im Rahmen einer Redakteursversammlung würden demnächst die weiteren, auch rechtlichen Schritte beraten.

IIm ORF-Radio war am Freitag nach APA-Informationen die Rede davon, dass die Bestellung Weinzettls zum Innenpolitik-Ressortchef noch vor der Medienbehörde KommAustria beeinsprucht werden könnte, da den Ausschreibungskriterien möglicherweise nicht entsprochen wurde. In der ORF-Ausschreibung wurden von den Bewerbern unter anderem ausgewiesene innenpolitische und europapolitische Qualifikationen gefordert. Diese wurden im offiziellen ORF-Hearing nicht abgefragt.

Causa Pelinka ebenfalls vor Weihnachten

Im vergangenen Jahr kam es ebenfalls kurz vor Weihnachten, am 23. Dezember, zu einer umstrittenen Bestellung: Der damalige rote Stiftungsrat Niko Pelinka hätte Wrabetz' Bürochef werden worden. Doch der Widerstand innerhalb des ORF war so groß, dass der Jungpolitiker den Posten Mitte Jänner schließlich selbst ablehnte.

(APA/Red.)

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