Oscar Bronner: Ein Maler, der gelegentlich Zeitung macht

Oscar Bronner Maler gelegentlich
Oscar Bronner Maler gelegentlich(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Für New York fühlt er sich mittlerweile zu alt. Für eine Autobiografie noch zu jung. Mit neuen Plänen geht Oscar Bronner seinem 70er entgegen, den er kommenden Montag feiert. Ein "Presse"-Interview.

1974 bis 1986 lebten Sie als Maler in New York. Vorher hatten Sie „Trend“ und „Profil“ gegründet, nach Ihrer Rückkehr gründeten Sie den „Standard“. Man sagt, Sie würden lieber über Kunst reden als über Medien.

Oscar Bronner: Ja. Ich kann mit mir lang diskutieren: Bin ich ein erfolgreicher Zeitungsmensch, der gern Bilder malt, oder ein erfolgloser Maler, der halt gelegentlich Zeitungen macht. Ich bin noch nicht draufgekommen.

Sie ziehen sich von Ihren Aufgaben beim „Standard“ mehr und mehr zurück und wollen sich wieder der Malerei widmen. Planen Sie eine Ausstellung?

Ich male seit vier Jahren wieder. Im Oktober zeige ich in einer Ausstellung, was ich in letzter Zeit gemacht habe.

Ist der Kunstmarkt für Sie wichtig?

Nein. Ich glaube nicht, dass ich mit 70 eine Karriere beginnen werde.

Lesen Sie Kunstkritiken?

Die wenigen, die über mich erschienen sind, habe ich gelesen. Andere lese ich manchmal. Es gibt Kunstkritiker, die ich nicht verstehe – vor allem in Fachmagazinen –, da ist die Grenze zwischen Klugscheißerei...

Die soll es auch in Tageszeitungen geben!

Ja, aber da gehört's zum Teil zum Genre .. . also die Grenze zwischen Klugscheißerei und Relevanz ist eine fließende. Und da steige ich oft aus.

Lesen Sie noch die „New York Times“?

Ich hatte die Sonntagsausgabe abonniert. Als ich merkte, dass ich immer den Stapel wegschmiss, nachdem ich auf die Seite eins geschaut hatte, habe ich es aufgegeben. Außerdem ist das Newsbusiness ein lokales Business. Natürlich ist New York in vielen Belangen eine Hauptstadt der Welt, aber mit der Entfernung verliert auch das an Relevanz – und die „Herald Tribune“ ist ein gutes Surrogat, die lese ich jeden Tag.

Gehören Sie auch zu jenen, die von einer Zeitungskrise sprechen?

Notgedrungen, weil mich viele Leute darauf ansprechen.

Sie würden den Begriff nicht verwenden?

Nein. Es findet ein Paradigmenwechsel statt. Den müssen wir bewältigen.

Wie?

Good question! (Lacht.) Man kann als Zeitung nicht so tun, als gäb's das Internet nicht. Das Internet hat einen Platz, und der geht zum Teil auf Kosten der Zeitung. Das heißt, die Auflagen werden weiter sinken – ich behaupte, sie werden nicht auf null sinken. Aber niemand weiß, wie tief und ob die Auflage dann noch ausreicht zur Existenz. Manche Zeitungen werden eingehen.

Wie nahe sind Sie Paid Content?

Wir beobachten, was der Markt macht. Wir peilen das nicht an – bei der Entwicklung derzeit kann man aber auch nichts ausschließen.

Würde es Sinn ergeben, dass sich die Verleger in der Frage zusammentun?

Es beginnt damit: Die größte Website ist die vom ORF – und die ist frei. Solange die frei ist, tun wir uns schwer. Wenn wir alle zu Paid Content wechseln wollen, wird es sinnvoll sein, sich zusammenzutun und ein gemeinsames Bezahlsystem zu entwickeln. Es sollte so eine Art Micro-Payment geben, das über die Handyrechnung abgerechnet wird. Aber das ist derzeit nicht erkennbar, da muss man noch Dinge ausprobieren.

Wollen Sie nicht nach New York zurück?

Jetzt? Nein. Ich möchte wieder mehr Zeit dort verbringen, aber nicht mehr dort leben. Das Leben in New York ist kompliziert – das ist etwas für junge Leute. Ich gehöre zu den Senior Citizens. Außerdem möchte ich den „Standard“ nicht verlassen, ich möchte ihn nur nicht mehr leiten müssen.

Hat sich das Land verbessert, seit Sie den „Standard“ gegründet haben?

Einiges hat sich verschlechtert. Dass eine populistische Partei an die 30 Prozent kommt, war 1988 noch nicht drin. Insofern hat sich eindeutig etwas verschlechtert. Medial glaube ich, dass mit der Gründung des „Standard“ und mit dem Faktum, dass andere Zeitungen mitgezogen sind, das Niveau am Qualitätssektor enorm gestiegen ist. Gleichzeitig bin ich auf einem anderen Gebiet jämmerlich gescheitert: Die Medienszene ist noch boulevardmäßiger geworden. Ich habe mir eingebildet, wenn man da etwas Vernünftiges in den Markt setzt, dass sich dann manche genieren, gewisse Schrecklichkeiten zu machen, oder dass manche Politiker oder Leser sagen, das gehört sich nicht. Aber nein, wir haben eine Politikergeneration, für die das Leibzeitungen sind, die seltsame Wege geht, um ihren Boulevard-Haberern Geld zukommen zu lassen.

Hat es Sie nie gereizt, eine gute Boulevardzeitung zu machen? Eine, die anständig ist?

Es gab eine Phase, in der ich mir das überlegt habe. Dann habe ich mir die Boulevardblätter der Welt angeschaut und mir gedacht: Es kann kein Zufall sein, dass die so sind, wie sie sind. Ich habe immer nur Zeitungen gegründet, die ich selbst lesen wollte – mein Bedarf an Boulevard ist nicht sehr ausgeprägt.

Die Oscar-Bronner-Biografie „Trotzdem“ von Klaus Stimeder und Eva Weissenberger erscheint Mitte Jänner als Taschenbuch und E-Book. Haben Sie schon einmal daran gedacht, eine Autobiografie zu schreiben?

Nein. Für eine Autobiografie bin ich noch viel zu jung! Ich beginne ja gerade wieder mit etwas Neuem. Schauen wir einmal, wo das hinführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2013)

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