Schleichwerbung auf der Couch: Gottschalks unsaubere Verträge

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Der „Spiegel“ enthüllt, wie Autos, Bier und Gummibärchen in die ZDF-Show „Wetten, dass . . .?“ kommen. Der ORF wurde wegen Schleichwerbung in der Wettshow im Jahr 2007 sogar verurteilt.

Seit Jahresbeginn kämpfen ARD und ZDF gegen den Protest, den die deutsche Haushaltsabgabe ausgelöst hat: Die Rundfunkgebühr ist nicht mehr pro TV- oder Radioapparat fällig, sondern wird automatisch pro Haushalt verrechnet (unabhängig davon, ob es ein Empfangsgerät gibt). Das neue System (über das auch in Österreich beraten wird) bringt den Öffentlich-Rechtlichen zusätzliche Gebühreneinnahmen in der Höhe von 304 Millionen Euro im Jahr – und Kritiker auf die Palme.

Vor allem dem ZDF wird das Argumentieren in nächster Zeit noch schwererfallen: Denn die aktuelle Titelgeschichte des „Spiegels“ deckt Schleichwerbung in der ZDF-Show „Wetten, dass . . .?“ auf. In einem Vertrag mit einem Autobauer soll sich die Firma Dolce Media 2003 verpflichtet haben, dessen Autos in der Sendung in Szene zu setzen. Für 1,25 Millionen Euro sollte das Unternehmen, an dem der damalige „Wetten, dass . . .?“-Moderator, Thomas Gottschalk, bis 2008 beteiligt war und das sein Bruder Christoph führt, dafür sorgen, dass die Autos – der Hauptgewinn für den Wettkönig – lange und deutlich im Bild waren.

Der Zuschauer als Goldesel

Laut „Spiegel“ wurde sogar geregelt, wie viele Sekunden das Auto sichtbar sein sollte, was Gottschalk sagen sollte (etwa den aktuellen Werbeslogan) und dass Prominente mit Autos zur Livesendung gebracht werden sollten – die Ankunft wurde dann gefilmt. Samt Auto, versteht sich. So wird der Zuschauer einerseits zum Goldesel, der einerseits Gebühren zahlt (1,8 Milliarden Euro bekommt das ZDF pro Jahr fürs Programm – dank Haushaltsabgabe auch von jenen, die das Programm gar nicht empfangen können oder wollen), andererseits zum Opfer nicht gekennzeichneter Werbung, die dem ZDF Zusatzeinnahmen einbringt.

Der Haken daran: In den deutschen Werberichtlinien steht, dass bei Gewinnspielen „jeder Werbeeffekt“, der über die reine Produktinformation hinausgeht, zu vermeiden ist. Auch ist bei solchen Abmachungen die Unabhängigkeit der Redaktion nicht mehr gegeben. Das nennt man Schleichwerbung. Nicht nur Autos wurden präsentiert, auch die Post, die Telekom, Handys und eine Brauerei, berichtet der „Spiegel“. Und die Gummibären, für die Gottschalk Werbung macht, standen lange Zeit auf dem Couchtisch – bis es das ZDF verboten hat.

ORF: „So etwas geht nicht“

Die Vorwürfe im „Spiegel“ verfolgt auch der ORF. Nicht nur, weil die übernächste Sendung (23. 3., Stadthalle) wieder aus Wien gesendet wird. Unterhaltungschef Edgar Böhm sagt: „Es ist klar, dass so etwas nicht geht.“ Der ORF ist als kleinerer Partner in der Koproduktion mit dem ZDF darauf angewiesen, dass die Inhalte den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen. In schlechter Erinnerung hat Böhm die Verurteilung des ORF für Schleichwerbung in der Wettshow 2007. Damals musste das Urteil der Medienbehörde im Hauptabend verlesen werden. Danach habe es ein grundsätzliches Gespräch mit dem ZDF und Dolce Media gegeben, in dem versichert wurde, dass solche Dinge nicht mehr passieren – und die Brüder Gottschalk hätten die Verurteilung des ORF sehr bedauert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2013)

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