ORF-Freie: Mehr als Kuchenbrösel sind bisher nicht drin

ORF-Zentrum
ORF-ZentrumClemens Fabry
  • Drucken

Seit einem Jahr kämpfen die freien Mitarbeiter des ORF für eine faire Bezahlung. Eine passable Lösung ist nicht in Sicht.

Angefangen hat es mit einem Kuchenbrösel und schon vor dem fürchteten sich die Verantwortlichen im ORF. Als sich am Morgen des 20. Jänner 2012 herumsprach, dass die freien Mitarbeiter vor dem Stiftungsrat im ORF-Zentrum mit Aktionismus auf ihre prekären Arbeitsbedingungen aufmerksam machen wollten und die Worte „Kuchen“ und „Torte“ fielen, wurden kurzerhand die Sicherheitsvorkehrungen am Küniglberg erhöht. Zu groß war die Angst der Stiftungsräte, ihre Gesichter in Torten baden zu müssen.

Die Furchtsamen hätten es besser wissen müssen: Freie Mitarbeiter werden nicht automatisch zu rabiaten Provokateuren, nur weil sie zu wenig Geld verdienen und keinen Urlaub haben. Es war dann nur ein verschwindend kleiner Kuchenbrösel, dazu Flugblätter mit der Aufschrift: „An wen verteilen Sie den Kuchen?“, die die Freien an ihre Chefs überreichten. Eine kleine Aktion, mit der die Protestbewegung von rund 200 nicht angestellten Mitarbeitern begann, die vor allem für Ö1 und FM4 und die TV-Kulturabteilung arbeiten. Ein Jahr später ist der Protest leiser geworden, aber nicht verstummt. Doch die Resignation einiger Kämpfer für eine bessere Bezahlung und ein Recht auf Urlaub, Krankenstand und Sozialversicherung ist spürbar. Denn Generaldirektor Alexander Wrabetz und Radiodirektor Karl Amon haben zwar immer wieder betont, es sei ihnen „ein wirkliches Anliegen“ eine Lösung zu finden, aber auch klargemacht, dass sie unmöglich alle Betroffenen anstellen können.

Solidaritätsbriefe der Ö1-Hörer

Für den Jänner hatte Wrabetz ein weiteres Treffen versprochen, das nun voraussichtlich frühestens Ende Februar stattfindet. So vergeht die Zeit, und nach einem Jahr Protest gibt es zwar vage Ideen, eine rasche Einigung ist aber nicht in Sicht. Ein konkreter Vorschlag kommt von Radiochef Karl Amon: Jenen, die mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit für den ORF tätig sind, schlägt er vor, ihr Jahreseinkommen auf 22.000 bis 25.000 Euro pro Jahr zu pauschalieren. Wer am Ende des Jahres mit seinen Beiträgen nur 16.000 Euro verdient hat, würde dann den fehlenden Rest ausbezahlt bekommen.

Die 500.000 Euro, die das pro Jahr mehr kostet, wären für den ORF gerade „noch leistbar“, sagt Amon. ORF-Sprecher Martin Biedermann sagt sogar: „Für eine Verbesserung der Lage der freien Mitarbeiter wurde budgetär schon Vorsorge getroffen.“ Und er betont weiter: "Die Gespräche mit dem Zentralbetriebsrat und den freien Mitarbeitern werden in den nächsten Wochen fortgesetzt mit dem Ziel, möglichst rasch zu Ergebnissen zu kommen". Die Freien wollen nun erstmal beraten, ob Amons Lösung praktikabel ist, es gibt jedenfalls große Bedenken, ob dieses Modell arbeitsrechtlich haltbar wäre. Zudem wäre die eigentliche Forderung der Freien nach bezahltem Krankenstand, Urlaub und einer Sozialversicherung damit überhaupt nicht erfüllt.

Ein bisschen etwas getan hat sich in dem Jahr aber doch, sagt Barbara Kaufmann, freie Ö1-Mitarbeiterin und eine der Sprecherinnen der Freien: „Wir haben es geschafft, dass wir ein Thema geworden sind.“ Das zeigt sich auch in den vor dem Jahreswechsel plötzlich massenweise einlangenden Hörerreaktionen: In unzähligen Briefen und E-Mails haben sie ihren Unmut ausgedrückt. Dass „jene, die die von mir mittels GIS-Beitrags mitfinanzierten Beiträge gestalten, anständig bezahlt werden“, forderte da ein Hörer. Eine Ö1-Hörerin bot sogar an, ihren Ö1-Clubbeitrag künftig auf ein Konto der freien Mitarbeiterinnen zu überweisen – „um meine Demut zu zeigen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.