Medienrecht: 2011 gab es zu viel Unterhaltung im ORF

Symbolbild
Symbolbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Der Bundeskommunikationssenat hebt den Programmbescheid teils auf, bestätigt aber: Der ORF zeigte im Jahr 2011 kein ausgewogenes Programm und verletzte damit seinen Kernauftrag.

So unterschiedlich lässt sich die Entscheidung einer Behörde auslegen: Der ORF jubelt, der Bundeskommunikationssenat (BKS) habe ihm recht gegeben – und auch die Privatsender jubeln, denn sie sehen ihren Vorwurf gegen den ORF von der Behörde bestätigt. Die Wahrheit liegt in der sprichwörtlichen Mitte: Der BKS hat am Mittwoch seinen Bescheid veröffentlicht, mit dem er in zweiter Instanz über die Programmbeschwerde gegen den ORF entschied, die die Privatsender im Herbst 2011 eingebracht haben. In erster Instanz hatte die Medienbehörde KommAustria festgestellt, dass der ORF im beanstandeten Zeitraum (1. 10. 2010 bis 31. 8. 2011) ein unausgewogenes Programm gesendet und somit „seinen gesetzlichen Auftrag nicht erfüllt“ habe.

ORF will Höchstgerichte anrufen

Nun gibt der BKS der KommAustria und den Privatsendern in einem Punkt recht: Der ORF hat zumindest im Jahr 2011 zu viel Unterhaltung gezeigt und damit seinen Kernauftrag verletzt. Für den Verband der Privatsender ist damit bestätigt, „dass ein wesentlicher Teil der ORF-Gebührengelder offensichtlich gesetzwidrig eingesetzt wurde“. In juristischer Konsequenz müsste der ORF nun den Spruch des Bescheides im TV-Hauptabendprogramm verlesen. So schnell wird das aber nicht passieren, denn der ORF will ein Rechtsmittel einlegen und Beschwerde bei den Höchstgerichten VfGH und VwGH einlegen. Er tut das, obwohl er mit dem Rest der Entscheidung eigentlich zufrieden scheint. Denn der BKS hat Teile des erstinstanzlichen Bescheids aufgehoben und festgestellt, dass die einzelnen Kanäle des ORF nicht als Vollprogramme zu werten sind, sondern das Programm des ORF in der Gesamtheit aller Sender zu beurteilen sei, also auch unter Berücksichtigung der Spartenkanäle ORF III und Sport plus. Der Privatsenderverband wiederum überlegt, diese Frage von Höchstgerichten klären zu lassen.

Bestätigt fühlt sich der ORF auch in seiner Kritik am Gutachten von Jens Woelke, das der Erstentscheidung zugrunde lag. Die Privatsender aber sehen das Gutachten im Wesentlichen vom BKS bestätigt. Interessant sind die Ausführungen der Behörde zur Auslegung des Kulturbegriffs: Es sei nicht nachzuvollziehen, dass „auch populäre Musik, Karneval, sonstiger Nonsens und fiktionale Serien, Filme“ als Kultur gelten sollen. awa

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.