Qualitätsjournalismus als "kuratierter Gesamtauftritt"

(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

Bei einem Symposium des Verbandes Österreichischer Zeitungen diskutierten Experten wie "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak und Philosoph Konrad Paul Liessmann über die Zukunft des Journalismus.

VÖZ-Symposium

Wie Qualitätsjournalismus in Zeiten von rückgängigen Werbeeinnahmen zu finanzieren ist, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Während man laut Verleger Eugen Russ Österreich zwar noch als "Insel der Seligen" identifiziert könne, reiche ein Blick über die Grenzen, um zu erkennen: "Die Situation ist ernst." Pay-Walls, die Nutzung von User Generated Content (UGC) oder Onlineauftritte als kuratierte Angebote: Die Eröffnungsdiskussion beim dritten "Tag des Qualitätsjournalismus" am heutigen Dienstag in Wien streifte vieles, einig wurde sich das Podium allerdings selten.

So wurde etwa der Bereich des UGC einerseits als Chance, andererseits als klar überbewertet aufgefasst: "derStandard.at"-Geschäftsführerin Gerlinde Hinterleitner sah darin "das nächste große Ding, und zwar in ganz anderer Form, als wir es uns derzeit vorstellen. Das wird den gesamten journalistischen Prozess über den Haufen werfen." Thomas Götz von der "Kleinen Zeitung" verwies hingegen auf "unsägliche Postings", die man von den Webseiten herausfiltern müsse, und "überzogene Erwartungen", die sich in den vergangenen zehn Jahren nicht erfüllt hätten.

Um die Innovation im Online-Bereich zu fördern, ist laut Kommunikationswissenschafter Josef Trappel jedenfalls "Online den Onlinern" zu übergeben: "Die experimentieren damit, spielen mit diesem Material." Ein Weg, den auch "derStandard.at" vorgegangen sei, als man Mitte der 1990er den Webauftritt startete. Das Erfolgsrezept definierte Hinterleitner allerdings recht radikal. "Wir haben uns rücksichtslos kannibalisiert", identifizierte sie das "von vornherein journalistisch verstandene Projekt" als Konkurrenz zum eigenen Printprodukt. Künftig werde auch aktuelle Berichterstattung in erster Linie online zu finden sein. "Gedruckt wird nur noch, was es auch wert ist, gedruckt zu werden."

Qualität "keine Domäne der Printzeitungen"

Doch wer ist dafür zuständig? Wie viele Redakteure werden künftig noch vorhanden sein? Zwar könne man konstatieren, dass Qualität von Quantität abhängig sei, so "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak. "Aber mehr Redakteure bedeuten nicht sofort ein besseres Produkt. Es kommt auf die richtigen Leute an." Außerdem sei Qualitätsjournalismus "keine Domäne der Printzeitungen. Egal wo, es muss ihn geben." Um dies auch erkenntlich zu machen, regte er bei dem vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) gemeinsam mit dem Manstein Verlag veranstalteten Symposium die Gründung eines Preises an, der das "Handwerk Journalismus" auszeichne.

Kein eingesparter Qualitätsjournalismus

Die Zustimmung aller fand an diesem Vormittag jedenfalls Philosoph Konrad Paul Liessmann. In seiner Keynote erläuterte er seine Vorstellung eines Qualitätsjournalismus als "kuratierten Gesamtauftritt", egal ob on- oder offline. Dabei gelte es auch ganz traditionelle Eigenschaften der Profession zu berücksichtigen, von der Recherche bis zur Selektion. "Ein Medium, das nur Nachrichten addiert und diese nicht aufeinander beziehen kann, ist nichts wert." Ebenso betonte Liessmann den Reiz eines eigenen Stils, einer eigenen Sprache, um Leser zu binden, sowie die Bedeutung der Redaktion als "in sich stimmiges System": "Wer Redaktionen schwächt, verkleinert, mag im ökonomischen Sinn sparen, aber es geht immer auf Kosten der Qualität. Es gibt keinen eingesparten Qualitätsjournalismus."

VÖZ-Präsident Thomas Kralinger warnte in seinem Eröffnungsstatement vor einer "Verzwergung der österreichischen Medienlandschaft" und forderte ein klares Bekenntnis der Politik zu einer höheren Presseförderung. „Es muss in unser aller Interesse sein, inhaltliche Vielfalt und journalistische Qualität am österreichischen Medienmarkt zu erhalten. Presseförderung ist eine gesellschaftspolitische Maßnahme und nicht Wirtschaftsförderung."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.