Lebt der ORF im Überfluss?

Lebt ueberfluss
Lebt ueberfluss(c) AP (Lilli Strauss)
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Die Privatsender sind empört über das „Go“ für Werbung in der ORF-TVthek. Den deutschen Öffentlich-Rechtlichen ist es nicht erlaubt.

„Werbung in der Mediathek?“ Die Pressesprecherin der ARD vergewissert sich, ob sie die Frage richtig verstanden hat, und sagt dann: „Die gibt es bei uns nicht.“ Für die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender sind „Werbung und Sponsoring in Telemedien nicht zulässig“. So steht es im deutschen Rundfunkstaatsvertrag. Dass der ORF im Nachbarland schon bald Werbung in der TVthek schalten darf, quittiert man in Deutschland mit Erstaunen. Dort wird das nicht einmal diskutiert – im Gegenteil, durch die umstrittene Einführung der Haushaltsabgabe Anfang des Jahres wurden gerade erst neue Werbebeschränkungen eingeführt: So darf nach 20Uhr nur in Ausnahmefällen Sponsoring betrieben werden – der Bierhersteller darf künftig nicht mehr vor dem „Tatort“ mit dem Hinweis werben: „Diese Sendung widmet Ihnen...“

Das deutsche Modell dürfte den heimischen Privatsendern gefallen. Die empörten sich am Dienstag über das behördliche „Go“ für Werbung in der ORF-TVthek. Es sei EU-weit „völlig einzigartig“, einem öffentlich-rechtlichen Sender zusätzliche Werbemöglichkeiten einzuräumen, so der Privatsenderverband VÖP, der vor allem gegen Videowerbung im Netz protestiert. Im aktuellen „TV-Media“ stellt der ORF sein fiktionales Unterhaltungsprogramm für die nächsten Monate vor – von knappen Mitteln oder Sparzwängen „sei da rein gar nichts zu spüren“, so Klaus Schweighofer, VÖP-Vorsitzender und Styria-Vorstand. Das zeige auch der am Montag ausgestrahlte Film „The King's Speech“: „Kein wirtschaftlich agierender Privatsender könnte es sich leisten, diesen Topfilm an einem Montag im schwachen Sommermonat Juli zu senden.“ Mit teuren Werbekampagnen verschwende der ORF Geld.

„Vollkommen unverständlich“ seien die erneuten Attacken der Privatsender, meint der ORF. Die Vermarktung der TVthek sei ohnehin nur eingeschränkt erlaubt; gutes TV-Programm im Sommer und Topfilme zu allen Jahreszeiten seien ein wichtiger Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk. So schlecht ging es dem ORF jüngst tatsächlich nicht: Der ORF-Konzern schloss zum dritten Mal in Folge positiv (mit 12,6 Mio. Euro) ab. 2012 nahm der ORF 595,5 Mio. Euro durch Gebühren und 210,7Mio. Euro durch Werbung ein. awa

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2013)

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