Amazon-Chef Bezos kauft die "Washington Post"

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Der Amazon-Chef legt 250 Mio. Dollar für den Verlag auf den Tisch. Reporter der Zeitung hatten in den 70er-Jahren den Watergate-Skandal aufgedeckt.

Eine der renommiertesten Zeitungen der USA wechselt den Besitzer und geht ausgerechnet an einen Internetunternehmer: Amazon-Chef Jeff Bezos kauft die "Washington Post" für 250 Millionen Dollar (189,35 Millionen Euro). Damit wird eine Zeitung verkauft, die seit Jahrzehnten das politische Geschehen in den Vereinigten Staaten mitprägt. So brachten Reporter der "Washington Post" in den 70er-Jahren den Watergate-Skandal ins Rollen.

Donald Graham, Chef der Washington Post Company, nannte am Montag die schwierige Lage der Zeitungsbranche als Grund für den Verkauf. Auch bei der "Washington Post" waren Auflage und Anzeigeneinnahmen geschrumpft. Bezos sei ein "einzigartig guter neuer Besitzer", erklärte Graham. Wie das Medienunternehmen betonte, kauft der Amazon-Gründer die 1877 gegründete Zeitung als Einzelperson und nicht im Namen des weltgrößten Onlinehändlers.

Bezos: "Werte werden sich nicht ändern"

Bezos zeigte sich zuversichtlich für die Zukunft und versprach: "Die Werte der "Post" werden sich nicht ändern", schrieb er in einem offenen Brief an die Belegschaft.

Die bisherigen Verantwortlichen sollen in ihren Ämtern bleiben, darunter Herausgeberin Katharine Weymouth und Chefredakteur Martin Baron. Zusammen mit der "Washington Post" gehen auch mehrere kleinere Blätter an Bezos, etwa die ebenfalls im Großraum Washington beheimatete "Fairfax County Times" oder die spanischsprachige "El Tiempo Latino".

Bezos kann sich den Kauf locker leisten: Er besitzt nach Schätzungen des Finanzdienstleisters Bloomberg aktuell ein Vermögen von 28,2 Milliarden Dollar (21,36 Milliarden Euro), das vor allem in Amazon steckt. Damit landet er in der Rangliste reichsten Menschen der Welt auf Rang 15.

Neuer Verlagsname soll kommen

Die börsennotierte Washington Post Company stellt sich schon seit Jahren neu auf. Zu ihr gehören unter anderem ein Bildungsanbieter, lokale Fernsehstationen und ein Kabelnetz-Betreiber. Das Unternehmen wird seinen Namen nach Abschluss des Zeitungsverkaufs ändern, der bis zum Ende des Jahres erwartet wird. Ein neuer Name sei aber noch nicht gefunden, hieß es.

Im Juni hatte die "Washington Post" eine Bezahlschranke eingeführt. 20 Artikel kann man gratis lesen, dann werden 9,99 für ein Monatsabo verlangt.

Zeitung mit Geschichte

Die "Washington Post" hat mehr als einmal Geschichte geschrieben. Ihre Sternstunde erlebte sie Anfang der 70er Jahre, als die Reporter Carl Bernstein und Bob Woodward den Watergate-Skandal aufdeckten, der zum Rücktritt von US-Präsident Richard Nixon führte. Und die Veröffentlichung der geheimen "Pentagon-Papiere" öffnete der amerikanischen Öffentlichkeit die Augen auf den Krieg in Vietnam und stärkte in einem Gerichtsprozess die Pressefreiheit.

Diese journalistischen Höhenflüge waren möglich, weil Verlegerin Katharine Graham fest hinter dem Kurs stand. Ihrer Familie gehörte die "Post" seit 1933, als ihr Vater die pleitegegangene Zeitung bei einer Auktion schnappte. Im Besitz der Grahams wurde aus dem 1877 gegründeten Blatt eine amerikanische Institution. Katharines Sohn Don Graham kapitulierte nun aber vor dem aktuellen Wandel der Medienindustrie: "Das Zeitungsgeschäft brachte immer neue Fragen auf, auf die wir keine Antwort haben."

Das Internet krempelt die Zeitungsbranche um - und die "Washington Post" verzeichnete sieben Jahre in Folge Umsatzrückgänge. Ein erstes deutliches Alarmsignal kam 2009, als die Büros in Chicago, Los Angeles und New York dichtgemacht wurden. Einsparungen im Newsroom folgten. Don Graham zog jetzt den Verkauf an den milliardenschweren Amazon-Gründer Jeff Bezos einem strikten Sparkurs vor.

Erst am Wochenende hatte der "Boston Globe" den Besitzer gewechselt. Der "New York Times"-Verlag verkaufte das Blatt für umgerechnet rund 53 Millionen Euro an den Eigner des Baseball-Teams Boston Red Sox, John W. Henry. Als die "New York Times"-Gruppe die Zeitung 1993 kaufte, hatte sie 1,1 Milliarden Dollar (820 Millionen Euro) gezahlt.

Zuvor hatte bereits Starinvestor Warren Buffett über seine Investmentholding Berkshire Hathaway rund 70 lokale Blätter übernommen.

Parallel hat Medienmogul Rupert Murdoch seine Zeitungen (unter anderem "Wall Street Journal", "Sun") in ein eigenständiges Unternehmen abgespalten. Einen ähnlichen Weg geht momentan die Tribune Company ("Chicago Tribune", "Los Angeles Times"), die sich aufs lokale Fernsehen verlegt.

(APA/dpa/Reuters)

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