Journalismus liegt nicht auf Intensivstation

Journalismus liegt nicht Intensivstation
Journalismus liegt nicht Intensivstation(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Tag eins der Medientage: Christian Konrad plaudert, Manstein wettert gegen „Aktenabschreibjournalismus“.

Die Medienbranche weiß nun, wieso Raiffeisen-Banker Christian Konrad in zwanzig Jahren nie Gast bei den Medientagen war. „Weil um diese Zeit die Hirschbrunft ist“, erklärte er dem Kabarettisten Florian Scheuba. Dafür war er diesmal sehr gesprächig: Einen eigenen Sender wie den ORF „brauche es“, allerdings wünschte er ihn sich „von Grund auf anders organisiert“, zwar im Eigentum der Republik, aber mit „unabhängigen Organen“. Die Raiffeisen ginge einen ähnlichen Weg mit ihren Zeitungsbeteiligungen: „Wir haben sie, weil wir sie besitzen, aber wir schreiben sie nicht und haben keinen Einfluss auf das Programm.“ Nachsatz: „Was manchmal schmerzlich ist.“

Der Vorschlag von Florian Scheuba, der ORF solle künftig alle Gebühren bekommen und nicht mehr rund 90 Millionen pro Jahr an die Bundesländer abgeben müssen, gefiel Konrad. „Du kennst doch den Erwin Pröll, willst du nicht einmal mit ihm reden?“, fragte Scheuba. Konrad versprach's mit einem Lächeln. Die von ÖVP-Mediensprecher Kopf geforderten strengeren Regeln für ORF-Journalisten auf Twitter kommentierte er so: „Die sollen sagen können, was sie wollen.“ Bei der Presseförderung gelte es viel anzudiskutieren und „einfacher zu machen“. Warum Gratiszeitungen ihre Entnahmeboxen gratis auf öffentlichem Grund platzieren dürfen, verstehe er nicht. Und er stellte fest: „Wirklich reich wird man mit einer Zeitung heute nicht mehr. Zumindest auf herkömmliche Weise nicht.“

„Unser Journalismus ist heute gut“

Die 20. Medientage eröffnet hatte am Dienstag Verleger Hans-Jörgen Manstein wie üblich mit einer Politik- und Medienschelte. Er sah Medien und ihre Leser sowie Politiker und Bürger sich voneinander entfremden. „Der Mehrheit der Österreicher ist es zunehmend egal, was die Medien so treiben.“ Sie würden mithilfe von „Papierlverteilern“ nur mehr „Aktenabschreibjournalismus“ betreiben.

Sinkende Werbeeinnahmen und Leser würden den Journalismus auf Dauer krank machen, meinte Kommunikationswissenschaftler Hannes Haas später. Medienmacher widersprachen ihm, der Journalismus liege nicht auf der Intensivstation. Das Problem sei eher die Krankjammerei der Branche, so „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak, der betonte: „Unser Journalismus ist heute sehr gut.“ red.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2013)

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