Fernsehen: Das „Universum“ der Hummeln und Spatzen

Hummeln: Bienen im Pelz, Universum
Hummeln: Bienen im Pelz, Universum(c) ORF
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Der ORF zeigt in der Dokumetations-Reihe vier Eigenproduktionen. Zum Auftakt geht es Dienstag um die Nockberge.

Kurt Mündl macht sich wieder einmal daran, seinem Publikum mit ausgeklügelter Kameratechnik und optischer Raffinesse ein Lebewesen so liebevoll und detailreich zu erklären, dass einem der Mund offen bleibt: Nach der Stubenfliege und der Gottesanbeterin lädt der passionierte Naturfilmer in seinem neuen Film dazu ein, mit den Hummeln zu fliegen und unter die Erde zu krabbeln. In beeindruckenden Makro- und Zeitlupenaufnahmen zeigt Mündl, wie die Tiere den Winter überleben (außer der Königin, die sich einfrieren lässt, gar nicht), und er räumt mit zwei Vorurteilen auf: Erstens ist die Hummel sehr wohl aerodynamisch genug, um zu fliegen, und sie hat auch einen Stachel, den sie einsetzt. Mündl nennt sie auch die „Bienen im Pelz“.

Es sind solche Storys, die die Zuschauer lieben, weiß „Universum“-Chef Andrew Solomon. „Unser Publikum mag beides: Es will Dokumentationen über Exotisches – und es mag sehr gern das eigene Land sehen.“ Die vier eigenproduzierten Beiträge, die er an den kommenden vier Dienstagen als „Universum“-Herbst-Highlight programmiert hat, bedienen daher sowohl die Sehnsucht nach der weiten Welt als auch die Heimatverbundenheit: Mit den „Nockbergen“ geht es heimatverbunden los (26.11.), auf die „Hummeln“ (3.12.) folgt ein Film über den „Mythos Ausseerland“ (10.12.), bevor der „Planet der Spatzen“ dokumentiert, wie sich diese gefiederten Überlebenskünstler in großen Metropolen eingenistet haben (17.12.).

Solomon wählt vor allem Dokumentationen aus, die „etwas Neues sind – entweder thematisch, von der Herangehensweise her oder auch technisch“. Über die Hummeln gibt es noch gar keine vergleichbare Doku, und auch die Nockberge, die Waltraud Paschinger heute porträtiert, waren bisher ein weißer Fleck auf der Landkarte der Naturfilmer: „Das ist die geologisch älteste Region Österreichs. Das ist mysteriös und sehr schön“, schwärmt Solomon. 300 Millionen Jahre sind die Urgesteinsmassen alt, die hier bei der Auffaltung der Alpen an die Oberfläche gedrückt wurden. Die sanften „Nocken“ sind bis oben mit Gras und Kräutern bewachsen und ragen oft über die sie umgebenden Wolken hinaus. „Ein Kollege in der Redaktion hat in Anspielung auf die Nockberge an den Dylan-Song ,Knockin' on Heaven's Door‘ gedacht – das passt sehr gut.“ Der Untertitel nimmt auf diese Nähe Bezug: „Land zwischen Himmel und Erde“.

Alfred Komarek über die Ausseer

Nicht minder einzigartig: das Ausseerland – der geografische Mittelpunkt Österreichs. Manfred Corrine porträtiert die Region und ihre Bewohner überraschend – z.B. anhand des Lebenszyklus des Saiblings und der Interaktion zwischen Mensch, Landschaft und Tierwelt. Schriftsteller Alfred Komarek hat den Text dazu geschrieben – er ist zur Hälfte Ausseer Abstammung (die Mutter) und weiß, dass ihn das in den Augen der Einheimischen noch lange nicht zu einem der Ihren macht. „Es ist ein ungewöhnlich dichter und reicher Text, den Komarek geschrieben hat – nicht ohne Augenzwinkern, aber auch nicht ohne Ernst“, findet Solomon.

Kurt Mayer erzählt schließlich in sechs Episoden von jenen Vögeln, die dem Menschen seit mehr als 10.000 Jahren folgen: den Spatzen. Es ist eine Weltreise von Kairo über Peking, Moskau, New York und Wien nach Paris, die über diese für uns alltäglichen Begleiter Überraschendes berichtet: Etwa von den Kamikaze-Spatzen in Moskau, die bei minus 25 Grad im Winter die zwölfspurigen Straßen in Bodennähe überqueren müssen.

Fünf bis sechs Dokus könnte Solomon für das Geld kaufen, das ihn eine einzige eigenproduzierte „Universum“-Ausgabe kostet. Aber, so gibt er zu bedenken: „Wer würde dann die schönsten Filme über Österreich und unsere Region machen? Niemand.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2013)

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