„True Detective“: Etwas ist faul in Louisianas Sümpfen

(c) Jim Bridges/HBO
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Matthew McConaughey und Woody Harrelson spüren in acht packenden Folgen einem Frauenmörder nach. Ihr meisterhaftes Spiel fesselt dabei mehr, als es die bloße Klärung des Verbrechens tut.

Man kennt das: verwehte Agrarlandschaft, einsamer Baum, zuckendes Blaulicht, grotesk verunstalteter Frauenleichnam. Der Tatort, den die beiden  Polizeiermittler Martin Hart (Woody Harrelson) und Rust Cohle (Matthew McConaughey) am Sonntag in der ersten Folge von „True Detective“, der neuen Serie des TV-Senders HBO, betreten, legt den Handlungsstrang der nächsten sieben einstündigen Folgen dieses Krimis klar offen. In diesem Zuckerrohrfeld im Süden Louisianas, einem der desolatesten Winkel der USA, hat ein Serienmörder seinen okkulten Neigungen ein sadistisches Tableau mort gebastelt. Irgendwo zwischen Satanismus, evangelikaler Bigotterie und Voodoo-Ritus werden die Polizisten ihm auf die Spur kommen; daran hat der Zuschauer keinen Zweifel.

Ein nihilistischer Sherlock Holmes

Und doch ist „True Detective“ eines der besten Seriendramen, das heuer aus Amerikas Fernsehwerkstätten zu erwarten ist. Das liegt in erster Linie an den beiden Hauptdarstellern. Woody Harrelson gibt einen braven Polizisten, dessen klischeehafter Konservativismus (Frau, zwei Töchter, gottesfürchtig „wie jeder hier im Umkreis von tausend Meilen“) schon bald vor einigen Abgründen zurückweicht. Man ahnt die heimliche Geliebte und möglicherweise die eine oder andere nicht ganz nach dem Wortlaut der Dienstvorschriften vollzogene Ermittlung. An seiner redlichen Spießigkeit – die Amerikaner nennen diese Charaktereigenschaft „square“ – bricht sich der düstere Charakter von McConaugheys Figur umso klarer. Rust Cohle ist ein früherer Drogenermittler aus Texas, der aus zunächst offen bleibenden Gründen nach Louisiana gezogen ist.

Dort lebt er in einem unmöblierten Zimmer und scheut die freundliche Einladung seines Partners zum Abendessen so lang, bis er eines Abends doch auftaucht: sturzbetrunken, wortkarg und en passant seine tragische Familiengeschichte offenbarend. Cohle ist ein Nihilist, der seinem Partner während der Autofahrt vom Tatort ins Kommissariat seine Lebensphilosophie darlegt: Der Mensch ist ein Evolutionsfehler, am besten wäre es, die Fortpflanzung einzustellen und sich kollektiv auszulöschen. Wozu dann noch Mörder jagen, will Harrelsons Hart entnervt wissen. „Das ist wohl Teil unserer Programmierung“, antwortet Cohle. Sein Sherlock Holmes hat mit der Welt abgeschlossen, er braucht keinen Watson.

17 Jahre Schweigen und Vertuschen

„True Detective“ fesselt aber nicht nur wegen der Virtuosität dieser beiden Protagonisten; es ist vor allem erstaunlich, die Entwicklung von McConaughey vom gut gebauten Beach-Boy-Feschak zahlreicher romantischer Komödien zum seriösen Charakterdarsteller zu verfolgen, die sich zuletzt auch im Aids-Drama „Dallas Buyers Club“ zeigte.

Diese Serie fordert den Zuschauer vielmehr durch ihren kühnen Handlungsbogen. Wir treffen Cohle und Hart 17 Jahre nach ihren Ermittlungen in dem Mord wieder, während sie zwei anderen Polizisten über ihren Fall Rede und Antwort stehen. Hart ist noch immer im Dienst, Cohle hingegen ein ausgewaschener, zynischer Alkoholiker mit Alt-Hippie-Pferdeschwanz und Schnurrbart. Offenbar haben sie 1995 nicht den wahren Mörder erwischt; wie das möglich sein kann, weiß niemand außer ihnen, denn die Ermittlungsakten wurden vom Hurrikan Rita zerstört. Und irgendetwas ist auch zwischen diesen beiden einstigen Partnern zerbrochen; seit einem Jahrzehnt herrscht Funkstille zwischen ihnen. „Fangt endlich an, mir die verdammt richtigen Fragen zu stellen“, faucht Cohle am Ende der ersten Folge die beiden Polizisten an. Sie dürften aufschlussreicher als ihre Antworten sein.

In Österreich ist "True Detective" wenige Stunden nach US-Start via Pay-TV auf Sky Go in englischer Originalfassung, in deutscher Synchronisation ab Mitte April zu sehen. Wann die Serie im Free-TV ausgestrahlt wird, ist noch nicht bekannt. Sky veranstaltet mit Vice am 29. Jänner eine Seriennacht, bei der die ersten beiden Episoden gezeigt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2014)

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