Der Quotenzwerg mit Qualitätsanspruch

Servus-TV-Chef Bassiner
Servus-TV-Chef BassinerAndreas Kolarik
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Mit 1,5% Marktanteil rangiert Servus TV am unteren Ende der Skala. Programmchef Klaus Bassiner sieht keinen Quotendruck, setzt auf Eigenproduktionen und will "TV mit Haltung".

Didi Mateschitz ist Erfolg gewöhnt. Das Energiebündel aus Sankt Marein im Mürztal hat mit einem Energydrink die internationale Markenwelt erobert und einen Konzern aus dem Boden gestampft, der sich ein Formel-1-Team leistet und spektakuläre Marketingaktionen wie Felix Baumgartners Sprung aus dem All. Bei ServusTV, das zu Mateschitz' Red Bull Media House gehört, ist hingegen von Big Business noch keine Rede: Mit 1,5Prozent Marktanteil ist der Sender in seinem fünften Jahr nur halb so groß wie ATV oder Puls4. Laut Programmchef Klaus Bassiner liegt Servus TV damit „im Plan“: „Der vergangene Monat war der stärkste Monat in der jungen Geschichte von Servus TV. Und dennoch: Nichts zwingt uns zur Größe, aber alles zur Qualität.“


Frühstücks-TV als „work in progress“. Formate wie „TM Wissen“ oder das vor einem Jahr gestartete Frühstücksfernsehen „Servus am Morgen“ kamen quotenmäßig bisher nicht in die Höhe. „,TM Wissen‘ läuft am Sonntagabend natürlich auf einem nicht ganz einfachen Sendeplatz. Aber wir haben uns bewusst dafür entschieden, den Zuschauern hier ein Gegenangebot zu den bekannten Sonntagabendformaten zu machen“, erklärt Bassiner der Wissensshow die Treue. „Wir glauben nach wie vor, dass es hierfür ein Publikum gibt. Genauso, wie wir davon überzeugt sind, dass eine junge Wissenssendung perfekt zu uns als Sender passt.“

Als regelmäßig ausgestrahltes Format sei die Sendung aber „ein Stück weit work in progress“, wo Kleinigkeiten angepasst, verbessert oder weiterentwickelt werden können. „Das gilt gerade auch für ein tägliches Format wie ,Servus am Morgen‘, bei dem wir sehen, dass es auf dem richtigen Weg ist, sich positiv entwickelt und zu dem wir auch sehr viel gutes Feedback von den Zuschauern bekommen.“

Mateschitz dürfte aber über kurz oder lang noch etwas anderes suchen: die Gewinnzone. Derzeit wird ein jährlicher Verlust des Senders von 40 bis 50 Millionen Euro kolportiert. „Über Zahlen sprechen wir grundsätzlich nicht“, wehrt Bassiner die Frage nach dem Erreichen der Gewinnzone ab. „Aber nur so viel: Wir tätigen jetzt die richtigen Investitionen, um auch auf lange Sicht nachhaltig erfolgreich zu sein.“ Mateschitz hat eine andere, zunächst für 2014 geplante Investition aber auf die lange Bank geschoben: Der für heuer geplante Start eines internationalen TV-Senders aus dem Red Bull Media House bleibt in der Warteschleife.

Ein anderes Investitionsgerücht räumt Bassiner aus: Es sei nicht an ein Deutschland-Fenster gedacht. „Eigene Sendungen oder Programmtage, die nur für Deutschland oder nur für Österreich produziert werden, sind nicht geplant. Unser Anspruch ist, Programm zu machen, das für den ganzen Senderaum interessant ist.“ Einzig während der Eishockeyspiele würden die österreichischen und die deutschen Fans ein geteiltes Programm zu sehen bekommen. Im „Servus-Raum“, wie Deutschland, Österreich und die Schweiz im Wetterbericht des Senders völkerverbindend bezeichnet werden, ist der Sender unterschiedlich verbreitet: Während er in Österreich eine technische Reichweite von 93Prozent hat, sind es in Deutschland 85 und in der Schweiz 33Prozent. „Deutschlandweit sehen uns pro Tag zwischen 2,5 und 2,8 Millionen Zuschauer – Tendenz steigend. Bei unseren Eishockey-Übertragungen erreichen wir bis zu 1,7Prozent Marktanteil.“


60 Prozent Eigenproduktionen.
Servus TV versucht vor allem mit Eigenproduktionen beim Publikum zu punkten. Knapp sechzig Prozent der Inhalte sind selbst produziert, sagt Bassiner – „und das nahezu in jedem Genre“. Man verstehe sich als „ein Sender mit Charakter“, mit „humanistischem Leitbild“. Die TV-Formate müssten daher „neben einer guten Story und inspirierenden Bilderwelten auch eine Haltung haben“. Als Vorzeigeproduktionen nennt Bassiner u.a. die Dokumentationen der zum Red Bull Media House gehörenden Terra Mater Factual Studios, die Doku „Ring frei“, den Donnerstag-Talk oder die Serie „Wo Grafen schlafen“, die demnächst in die Verlängerung geht.

Auch die Literatursendung will sich Bassiner weiter leisten: Das Format „LiteraTour“ befinde sich derzeit „im Relaunch“ und werde mit einigen veränderten Elementen wieder an den Start gehen, kündigt er an. Servus TV soll zur „festen Größe im Bereich der Hochkultur“ werden – daher wird es auch heuer wieder eine Live-Übertragung von den Salzburger Festspielen geben: „Don Giovanni“ in der Regie von Sven-Eric Bechtolf.

Neben Kultur setzt Servus TV auch auf das Spezialgebiet des Red-Bull-Konzerns: publikumswirksame Sportevents. U. a. wird das Finale der Spanischen Copa del Rey (FC Barcelona vs. Real Madrid) gezeigt, der Wings for Life World Run (einen Benefizlauf, der gleichzeitig auf 40 Laufstrecken weltweit ausgetragen wird), das Erzbergrodeo und der 27. Dolomitenmann. So viel Quotenglück wie mit Felix Baumgartners Stratosphärensprung ist damit allerdings nicht zu erwarten: Der Extremsportler hat Servus TV im Oktober 2012 immerhin ein kurzes Zwischenhoch von zwei Prozent Marktanteil beschert.

Programmchef

Klaus Bassiner
(*1955 in Wittstock/Dosse, Brandenburg) studierte Anglistik, Soziologie und Germanistik an der Universität Freiburg. Ab 1986 war er Redakteur beim ZDF, ab 1994 Hauptredaktions-leiter für „Reihen und Serien“. Seit August 2012 ist er Programmdirektor von Servus TV. Kolarik

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2014)

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