Pius Strobl: „Ich bin nur ein Sprachrohr“

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Vom grünen Stiftungsrat zum mächtigen ORF-Sprecher.

Wien. In dieser Position werde er jedenfalls weniger verdienen als in der Privatwirtschaft: Pius Strobl stieg vergangenen Dezember zum ORF-Kommunikationschef auf. Das sorgte für Empörung: Schließlich hatte er bis dahin die Grünen im Stiftungsrat des ORF, der einem Aufsichtsrat gleichkommt, vertreten – und dort auch immer wieder heftig das System ORF kritisiert.Damals verdiente er sein Geld als Restaurantbesitzer und Event-Manager.

Heute ist er oberster Pressesprecher desselben Unternehmens. Seine Aufgaben beschreibt er so: „ständiger Steuerungsbedarf, Kommunikation, Marketing-Agenden“.

Gendarm im Burgenland

Strobl bringt seit heuer die beiden ORF-Hauptabteilungen Marketing sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unter einen Hut. Zu seinem Seitenwechsel sagt er, der einst auch Gendarm im Burgenland war: „Als Stiftungsrat war ich dem ORF als Unternehmen gegenüber nie negativ eingestellt. Kritisch war ich gegenüber manchen Entwicklungen und manchen Personen – ein fundierter Kritiker aber, wie ich glaube.“

Allerdings: „Die Zeiten sind vorbei, in denen ich eine eigene Meinung hatte“, so Strobl im Gespräch mit der „Presse“ schmunzelnd. „Nein, im Ernst: Der Unterschied ist: Ich vertrete die Unternehmungsmeinung und bin deshalb zwar selbstverständlich nicht meinungslos geworden“, nach außen vertrete er aber die Meinung der Geschäftsführung: „Ich bin nur ein Sprachrohr.“

Informationsfilter für beide Seiten

Folglich ist es seine Aufgabe als Kommunikationschef, in beide Richtungen (vom Küniglberg und zum Küniglberg) Informationen entsprechend zu filtern – eine mächtige Position. Meist mit dem Motiv, Generaldirektor Alexander Wrabetz gut dastehen zu lassen, das besagt wahrscheinlich auch seine Berufsbeschreibung.

Wie aber sieht er zum Beispiel die Tätigkeiten der übrigen Direktoren? Radio-Direktor Wilhelm Mitsche oder Technik-Direktor Moosmann haben sich schließlich noch gar nicht hervorgetan. „Manchmal ist es eine besondere Qualität, aus einem Bereich nichts zu hören – das heißt dann oft auch, dass es da keine Probleme gibt“, sagt Strobl.

Das Gegenbeispiel stellt Zentralbetriebsratsobmann Heinz Fiedler: Als vergangene Woche Ex-ORF-Generaldirektoren, darunter Monika Lindner und Gerd Bacher, forderten, das Wahlrecht der fünf Betriebsräte im Stiftungsrat abzuschaffen, unterstellte Fiedler dem abwesenden ORF-Sprecher, er habe diese Diskussion vom fernen Urlaubsort aus angestiftet.

Ist das wahr? „Nein. Ich verlange einen Widerruf von Heinz Fiedler. Das ist eine vollkommen unhaltbare Behauptung.“ Außerdem sei Fiedler der für ihn zuständige Betriebsrat, weil seine Stelle in der Generaldirektion angesiedelt ist. Strobl führt die Feindseligkeit auf alte Dissonanzen zurück: „Ich bin nicht mehr Stiftungsrat.“ Immerhin wird noch miteinander kommuniziert: „Wir führen derzeit einen regen Schriftverkehr.“

Wer aber könnte dann die Diskussion entfacht haben? ORF-Insider glauben, es gibt interne Stichler. „Ja, dieser Theorie könnte ich einiges abgewinnen“, sagt auch Strobl. Der ORF sei ja immer schon damit konfrontiert gewesen, transparent sein zu müssen. Dabei: „Es gibt niemanden, dem das augenscheinlich nutzt.“ Der Ursprung der Diskussion könnte auch die Betriebsratswahl im November sein, glaubt der ORF-Sprecher. Strobl war früher für die SPÖ tätig und 1986 Gründungsmitglied der Grünen; dort stieg er bis zum Bundesgeschäftsführer auf.

Strobl trifft Van der Bellen

Wie stark spielt seine politische Färbung heute eine Rolle? „In meinem Job? Genau null! Zum Beispiel habe ich Alexander Van der Bellen zum letzten Mal vor vier Monaten getroffen – auf der Straße.“ Abgesehen davon könnte er mit parteipolitischen Begehrlichkeiten gar nichts anfangen: Insgesamt gebe es im Haus „bloß vier bis fünf Positionen“, in der das Abwehren von Interventionen eine Rolle spielt, Chefredakteure und Hauptabteilungsleiter etwa.

„Natürlich wird angerufen, aber eher hintennach. Früher gab es da so eine Telefonbezeichnung“, spielt Strobl auf das „Moltofon“ an, das Alfred Dorfer dem ORF unterstellte – die Direktverbindung der ÖVP-Führung in die TV-Chefredaktion des ORF unter dem konservativen Werner Mück (heute sitzt dort der als SPÖ-nahe geltende Karl Amon). Strobl: „Das ist nicht mehr, weil die Parteien vorab nichts mehr erfahren.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2007)

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