3sat: Komaglotzen mit Anspruch

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Das öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsprogramm 3sat wird heuer 30. Der Sender leidet unter Sparzwang, punktet aber mit Qualität und Specials.

Dreißig Jahre ist es her, dass sich ZDF, ORF und SRG zusammengetan haben, um mithilfe der damals brandneuen Satellitentechnik ein Gemeinschaftsprogramm auf die Beine zu stellen: 3sat. Im Dezember soll gefeiert werden. Mit Schwerpunktprogrammen aus allen mittlerweile vier teilnehmenden Sendern – seit 1993 ist auch die ARD beteiligt. Kann man aber überhaupt feiern, wenn die Ressourcen immer knapper werden? 40 Prozent weniger Budget hat der ORF-Koordinator für 3sat, Reinhard Scolik, heuer für seine Aktivitäten zur Verfügung. Er muss mit 1,9 Millionen Euro im Jahr auskommen. Wird da also drei Jahrzehnte nach der Gründung leise, aber doch unüberhörbar das Ende von 3sat eingeläutet? „Überhaupt nicht. Am Bestand von 3sat wird nicht gezweifelt“, sagt Scolik. „3sat ist eine sehr starke Marke und die beste Plattform, wenn man auch über die eigenen Grenzen hinaus gesehen werden will.“


Sparen, aber nicht bei Bachmann! Für den ORF sei das eine „große Chance“, meint er. 1,7 Prozent Marktanteil hat der Sender in Österreich, mit Thementagen wie z. B. heute, Sonntag, unter dem Motto „New York, New York“ erreiche man sogar knapp fünf Prozent Marktanteil. In Deutschland hat 3sat einen durchschnittlichen Marktanteil von 1,1 Prozent. Dabei wird ein Viertel des Programms vom ORF beigesteuert, zehn Prozent liefert das Schweizer öffentlich-rechtliche Fernsehen, den Rest teilen sich ZDF und ARD, die damit je 32,5 Prozent des 3sat-Programms zuliefern. Wie aber macht Scolik das, wenn er um 40 Prozent weniger Budget hat? Beim Personal – die 3sat-Redaktion des ORF hat nur zehn Mitarbeiterinnen – geht nichts mehr. Wo dann? „Ich muss trotzdem 25 Prozent des 3sat-Programms abliefern. Wir haben deshalb bei den 3sat-Eigenproduktionen gekürzt und weichen vermehrt auf Wiederholungen aus“, sagt Scolik. Eine andere ORF-Sparidee wurde nach lauten Protesten hingegen rasch wieder verworfen. Hocherfreut verkündete ORF-General Alexander Wrabetz im Juli des Vorjahres: „Der Bachmann-Preis bleibt!“ So gibt es heuer nicht nur die bereits 38. Ausgabe des Wettlesens in Klagenfurt – vier Tage lang werden alle Lesungen und die Preisvergabe am 6. Juli auch live auf 3sat übertragen.

Ein Literaturmarathon? Nichts gegen die anderen Thementage auf 3sat, bei denen es fast 24Stunden lang en suite um ein und dasselbe geht: Heute eben um „New York, New York“ – mit Dokumentationen über Wolkenkratzer, den Central Park, die New Yorker U-Bahn und mit den Filmklassikern „Frühstück bei Tiffany“ und „Cotton Club“. Ganze Doku-Reihen oder Serien werden oft in einer Abfolge abgespielt – via Livestream auch auf dem Smartphone oder Computer zu sehen.

Märchen und Geschichte.
Der Sender mutet dem Publikum also Mengen von Programm zu, wie sie sich sonst nur Serienjunkies beim „Binge Viewing“ (wenig schmeichelhaft auch „Komaglotzen“ genannt) einverleiben. Und das mit Erfolg: Besonders geschätzt wird laut Scolik der jährliche Märchentag, der 4,3 Prozent Marktanteil in Deutschland und 4,8 Prozent in Österreich erzielt.

Demnächst (am 19. Juni) steht ein Tag im Zeichen des komischen Nuschelkönigs Hans Moser. „Moser – who?“, werden die jungen Leute fragen. Der Mann ist schließlich seit 50 Jahren tot. Aber er ist eine Schauspielerlegende – und um historischen Stoff kümmert man sich bei 3sat seit jeher mit besonderer Aufmerksamkeit. Im Programm schlägt sich das im aktuellen Schwerpunkt zum Gedenkjahr 1914 nieder – u.a. zu sehen: „Der 1. Weltkrieg“ (Doku von Andreas Novak, Robert Gokl, 2. Juni, ab 20.15 Uhr), „Der taumelnde Kontinent“ (Doku von Robert Neumüller, Philipp Blom, 2. Juni, ab 15.30 Uhr) und Andreas Prochaskas Sarajevo-Film „Das Attentat“ (3. Juni, 20.15Uhr). Im September gibt es wieder eine Eigenproduktion – anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums des Wiener Kongresses.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2014)

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