Huffington: Erfolgsrezept Schlaf

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Arianna Huffington, Gründerin der Web-Zeitung "Huffington Post", kommt demnächst nach Wien und spricht über das Mediengeschäft. In Berlin stellt sie einen Tag später ihr neues Buch vor, in dem sie für den Acht-Stunden-Schlaf wirbt.

Vor einer Woche landete sie in Australien, schon am Mittwoch flog sie weiter nach Neuseeland. Doch Arianna Huffington war in diesen Ländern nicht, um „unter dem Mangobaum“ zu entspannen, wie sie es in einem Interview nennt. Überall, wo sie hinkommt, hat sie Termine, Termine, Termine. Hier eine Buchpräsentation, dort einen Vortrag, dazwischen Gespräche mit Medienschaffenden. Über all das berichtet sie öffentlichkeitswirksam und nicht selten garniert mit Selfies oder Gruppenfotos auf Twitter oder Instagram; wer sie dort direkt anspricht, bekommt mitunter ein freundliches „See you“ zurückgeschickt.

Kurzum: Es fällt ein bisschen schwer, der 64-jährigen Geschäftsfrau ihr eigenes Mantra vom „Weniger ist Mehr“ abzunehmen. Seit Monaten tourt sie mit ihrem neuen Buch „Thrive“ („Erfolg“) – buchstäblich – durch die Welt. Es ist das Erfolgsrezept einer vermeintlich Geläuterten. 2007 erlitt sie einen Zusammenbruch – das war zwei Jahre, nachdem sie die Online-Zeitung „Huffington Post“ gegründet hatte. Ziemlich plastisch schildert sie dieses für sie einschneidende Erlebnis nicht nur im Buch, sondern bei so gut wie jeder Gelegenheit. Damals sei sie vor allem aufgrund von Schlafmangel zusammengebrochen, mit dem Kopf auf den Badewannenrand geknallt und Stunden später in einer Blutlacke liegend aufgewacht. Danach vollzog sie einen für sie radikalen Wandel: Die 18-Stunden-Tage mit nur vier Stunden Schlaf ließ sie sein. Heute versuche sie „90 Prozent ihres Lebens, acht Stunden Schlaf zu bekommen“. Sie arbeite deswegen nicht weniger hart, aber sie achte darauf, „sich aufzuladen und zu erholen“. Es sei ein Irrglaube zu denken, wer auf seinen Körper achte, könne keinen Erfolg haben. Zudem hält es die Social-Media-Heavy-Userin (21.000 Tweets, 1,61 Millionen Follower) für unerlässlich, einmal pro Woche ein paar Stunden „strictly offline“ zu sein. Gerne verlinkt sie zu diesem Zweck auf Artikel wie diesen: „Why your family should go Internet-free on your next vacation.“ Wo die erscheinen? Erraten!


Online Only. Wenn Arianna Huffington am 23. September nach Wien kommt, wird sie weniger über ihr Acht-Stunden-Schlaf-Erfolgsrezept sprechen, als über den Wandel der Medien. Mit ihrer Online-Zeitung „Huffington Post“ hat sie Gespür bewiesen und als eine der ersten ein Online-Only-Medium gegründet. Zu Beginn waren Meinungsbeiträge der wesentliche Bestandteil der Webseite, und die Seite wurde fast ausschließlich von unbezahlten Bloggern bespielt. Erst 2008 entschied sich Huffington, ernsthaften Journalismus zu betreiben und engagierte erfahrene Reporter. 2011 verkaufte sie ihr Unternehmen an den Internetanbieter AOL (kolportierter Verkaufspreis: 315 Millionen Dollar), behielt aber die Leitungsfunktion. Somit wurde aus dem einstigen Blogger-Sammelbecken eine in den USA durchaus respektierte Nachrichtenwebseite. Nicht zuletzt, weil sie 2012 als erstes kommerzielles Onlinemedium den Pulitzerpreis gewann. In der Kategorie „National Reporting“ war der ehemalige „Time“- und „Los Angeles Times“-Journalist David Wood mit einer Geschichte über die psychischen und physischen Schäden der US-Soldaten nach dem Einsatz in Afghanistan und dem Irak aufgefallen.

Doch weil Arianna Huffington eben weniger der Typ „Unter-dem-Mangobaum-Entspannen“ ist, begann sie ihre Marke zu expandieren. Mittlerweile gibt es eine „HuffPo“-Ausgabe für Großbritannien und für Kanada, eine für Japan, eine für Hawaii und je eine für Frankreich, Italien und Spanien. Genau vor einem Jahr ging die deutschsprachige Ausgabe online und es wäre interessant zu wissen, ob Arianna Huffington bewusst ist, dass diese eher wie eine Mischung aus der sehr frühen „Huffington Post“ und der reinen Unterhaltungsseite „Buzzfeed“ daherkommt. Die „HuffPo Deutschland“ setzt fast ausschließlich auf Copy-and-Paste-Journalismus, Rankings und Listen und produziert kaum selbst Recherchiertes. Die Blogger schreiben wie damals zu Beginn in den USA gratis.


Griechische Wurzeln. Das vielleicht größte Kapital von Arianna Huffington, sagen manche ihrer Wegbegleiter, sei ihre griechische Herkunft. Die mache sie bis heute zu einer so offenherzigen und Türen-öffnenden Person. Als Arianna Stassinopoulos und Tochter eines Zeitungsverlegers wurde sie im Juli 1950 in Athen geboren. Die Ehe der Eltern zerbrach früh, die Tochter aus wohlhabendem Haus zog es mit 18 Jahren nach England, wo sie unter anderem in Cambridge Ökonomie studierte. Mit dreißig lebte sie als freie Autorin, verheiratet mit einem Journalisten in London. Nachdem diese Ehe scheiterte, zog sie nach New York, heiratete den Öl-Tycoon und Republikaner Michael Huffington und bekam mit ihm zwei Töchter. Auch diese Ehe wurde geschieden.

Der Ruf, der Arianna Huffington in den Achtzigerjahren als Autorin von Autobiografien nachhing, war nicht unbedingt der beste. Bei ihrem Buch „Maria Callas“ wurde sie des Plagiats beschuldigt – man einigte sich außergerichtlich auf einen Vergleich. Später behauptete die Kunstgeschichte-Professorin Lydia Gasman, Huffington habe in ihrer Picasso-Biografie aus ihrer unveröffentlichten Dissertation abgeschrieben. Interessanterweise hat die Professorin sich nie gerichtlich dagegen gewehrt. Bis zur Gründung ihres eigenen Mediums gehörte Huffington zur Manhattaner Oberschicht und war bekannt für das eine oder andere Buch (und den Skandal), doch das war's. Erst mit der Zeitung und in ihren Fünfzigern kamen Ruhm und Erfolg.

In Wien bleibt sie übrigens nur einen halben Tag. Danach geht es weiter nach Berlin, das Büro ihres deutschen Ablegers besuchen und die deutsche Ausgabe ihres Buchs vorstellen. Es heißt: „Die Neuerfindung des Erfolgs“. Sie hätte es auch: Die Rückkehr zum Schlaf nennen können.

Termin

Arianna Huffington ist Gast des „future.talk“ der Telekom Austria. Mit ihr diskutieren wird auch der Medienblogger Stefan Niggemeier.

Dienstag, 23.9.2014, ab 19 Uhr, Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste (ehemals Semperdepot). Livestream: www.telekomaustria.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2014)

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