Das TV-Lagerfeuer brennt noch

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GERMANY ECONOMY MEDIA medientage münchen(c) APA/EPA/SVEN HOPPE (SVEN HOPPE)
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Bei den Medientagen München wurde über die Zukunft des Fernsehens diskutiert. Man war sich einig: Der Konsum von Streaming-Diensten steigt, Live-Events werden dennoch nicht verschwinden.

"Ich weiß, dass ich nichts weiß", sagte Sky-Deutschland-Chef Gary Davey zwar nicht bei den Medientagen München, aber er stellte eine These auf, die Programm- und Sendeverantwortliche wohl nicht hören wollen: "Niemand von uns weiß, was die Menschen wollen. Nichtmal die Menschen wissen es, bis sie es sehen", so Davey. Heftiger formulierte es der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor: "Wer behauptet zu wissen, wie es in fünf Jahren aussieht, ist ein Spinner.

Die Tyrannei der Quote

Zuvor hatte Davey in einer illustren Runde des "Fernseh-Gipfels", der von Klaas Heufer-Umlauf ("Circus Halligalli") moderiert wurde, mit einem weiteren Sager mehr Zustimmung erhalten: "Wir leiden unter der Tyrannei der Quote. Wenn wir uns ihr unterwerfen, werden wir nur reproduzieren", meinte Davey weiters. Neues werde dadurch nicht geschaffen.

Film- und Serienproduzent Nico Hoffmann ergänzte: "In der großen Masse der Medienwelt suchen sich die Leute die Qualität raus". Sein Kriegsdrama "Unsere Mütter, unsere Väter" lief im Vorjahr als dreiteiliger Fernsehfilm im ZDF und ORF. Die vor allem in Polen kontrovers diskutierte Produktion hatte das ZDF in über 80 Länder verkauft. Für Hoffmann ein Beispiel, dass neben dem gegenwärtigen und auch zukünftigen Trend des non-linearen Konsums auch Live-Events im Fernsehen immer wichtiger werden. Das gilt vor allem für Sportübertragungen, aber auch für den "Tatort", einem singulären "Phänomen" der deutschen TV-Landschaft - auch aus Quoten-Perspektive.

Der Lagerfeuer-Effekt im Fernsehen

Matthias Fornoff, ehemaliger "Heute"-Anchorman und nunmehriger Leiter der Hauptredaktion Politik und Zeitgeschehen beim ZDF, konstatierte bei den Medientagen: "Es gibt ihn noch, den Lagerfeuer-Effekt im Fernsehen". Er sei aber nicht mehr so stark ausgeprägt wie früher, so Fornoff weiters.

Lineares Fernsehen und non-lineare Dienste stünden in einem komplementären Verhältnis, so Christoph Schneider, Geschäftsführer von Amazon Instant Video. Schneider nutzte die Gunst der Stunde, um den Controller für den Streaming Media Player "Amazon Fire TV" vorzustellen. Gelächter im Auditorium. "Wir müssen das bringen, was die Leute wollen", meinte er. NDR-Intendant Marmor erwiderte dies. Gerade öffentlich-rechtliche Sender haben andere (Qualitäts-)Ansprüche.

Heufer-Umlauf als Gottschalk-Epigone

Apropos öffentlich-rechtliches TV: Eine in der pre-digitalen Ära beim TV-Publikum beliebte Sendung, der ehemalige Quoten-Gigant des öffentlich-rechtlichen Unterhaltungs-Fernsehens "Wetten, dass..?", wird im Dezember von den Bildschirmen verschwinden. Klaas Heufer-Umlauf wurde - bevor Markus Lanz zum Nachfolger von Thomas Gottschalk vorgestellt wurde - gemeinsam mit "Halligalli"-Partner Joko Winterscheidt als "Wetten, dass..?"-Moderator gehandelt. Heufer-Umlauf führte in München souverän und mit punktuell respektlosem Humor die Elefantenrunde. Man fühlte sich fast an einen jungen Thomas Gottschalk erinnert. Manche Dinge wiederholen sich eben oder um es mit den Worten des 31-jährigen Moderators zu sagen: "Meiner Mutter ist es egal, dass Fernsehen aus dem Internet kommt. Sie wusste auch vorher nicht, dass es aus der Buchse kommt".

(mtp.)

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