Fernsehpreis-Eklat: "Grottendumme Veranstaltung"

Reich-Ranicky lehnte seine Auszeichnung beim Fernsehpreis ab
Reich-Ranicky lehnte seine Auszeichnung beim Fernsehpreis ab(c) AP (ROBERTO PFEIL)
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Reich-Ranickis Ablehnung sei kein Eklat, sondern der Lichtblick der "armseligen Veranstaltung" gewesen, sagt Elke Heidenreich. Moderator Gottschalk zeigt Verständnis. Am Freitag diskutiert er mit Reich-Ranicky.

Mit seiner Kritik am deutschen Fernsehen und der Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises hat Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki seiner Kollegin Elke Heidenreich aus der Seele gesprochen. Bei der Verleihung am Wochenende habe es sich um eine "armselige, grottendumme Veranstaltung" gehandelt, schrieb sie in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"
vom Montag. Dass sich Reich-Ranicki diese Zumutung" nicht habe bieten lassen, sei kein Eklat, sondern "der Lichtblick" der Veranstaltung gewesen.

Heidenreich bezeichnete die Fernsehpreis-Gala in ihrer Kolumne als "stundenlangen Schwachsinn in hässlicher Kulisse" mit witz- und geistlosen Moderationen ihres ZDF-Kollegen Thomas Gottschalk, "die er so oder anders schon tausendmal gemacht hat". Und ungeachtet der Tatsache, "wie jämmerlich unser Fernsehen ist, wie arm, wie verblödet, wie kulturlos, wie lächerlich", werde buchstäblich alles nominiert. An ihren Kollegen Reich-Ranicky appellierte sie: "Ja, bitte nimm den Preis nicht an, jetzt nicht und nie."

Gottschalk zeigt Verständnis

Moderator Thomas Gottschalk gibt sich unterdessen verständnisvoll. Er sei zwar von der Reaktion Reich-Ranickys überrascht worden, doch stecke in der Ablehnung eine gewisse Logik: "Wenn er eine halbe Stunde lang eine wild gewordene Horde Teenager sieht, Atze Schröder in einer weißen Paradeuniform, Richterin Salesch und zwei Köche mit idiotischen Texten erleben muss, ist es für ihn in der Tat konsequent zu entscheiden: Ich habe hier nichts verloren", sagte Gottschalk der "Süddeutschen Zeitung".

Gottschalk hatte am Samstagabend die Show zum Deutschen Fernsehpreis moderiert. Bei der Verleihung kritisierte Reich-Ranicky die Sendung als "Blödsinn". Den Ehrenpreis der Stiftung, mit dem er für sein Lebenswerk und für seine erfolgreiche Sendung "Das literarische Quartett" ausgezeichnet werde sollte, wies er überraschend zurück.

Reich-Ranicky nimmt Gottschalk in Schutz

Reich-Ranicki blieb auch am Sonntag bei seiner Ablehnung des Preises, nahm aber zugleich Moderator Gottschalk in Schutz. "Nein, das hat er sehr liebevoll gemacht", sagte der Literaturkritiker. Er habe sich auch keinen anderen Laudator gewünscht. Schriftstellerin Elke Heidenreich hatte hingegen in ihrer Kolumne in der "Frankfurter Allgemeinen" die Gottschalks Moderation als "lächerlich, banal und eher demütigend" bezeichnet. Reich-Ranicki und sie seien sich schon zuvor einig gewesen, dass sie selbst besser die Rede gehalten hätte.

Gemeinsame Sendung: "Aus gegebenem Anlass"

Nach dem Eklat bot der irritierte Moderator Thomas Gottschalk dem Literaturkritiker eine gemeinsame Sendung über die Qualität des deutschen Fernsehens an, ein Angebot, das Reich-Ranicky ausdrücklich begrüßte. Für den vom Deutschen Kulturrat ausgemachten Zielkonflikt zwischen inhaltlicher Verflachung und dem Anspruch der Sender, die Mehrheit der Bevölkerung zu erreichen, habe er zwar auch keine Lösung, sagte Reich-Ranicki. Am Freitag werden der Literaturkritiker und Moderator Gottschalk aber jedenfalls im ZDF unter dem Titel "Aus gegebenem Anlass" über Qualität im deutschen Fernsehen diskutieren.

(Ag./Red. )

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