100 Mio. Minus im ORF: Krisensitzung wegen Defizits

(c) APA (HARALD SCHNEIDER)
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Der Stiftungsrat fordert von General Wrabetz Gegenmaßnahmen. Die Finanzkrise sei nicht allein schuld für das Millionen-Minus, meinen manche. Die Rufe nach einem "Sanierer" mehren sich.

Die Ankündigung von Generaldirektor Alexander Wrabetz, das ORF-Minus werde sich 2008 - trotz Gebührenerhöhung, die heuer 30 Mio. Euro bringt - auf 100 Mio. Euro verdreifachen, sorgte am Mittwoch bei einem Sonderstiftungsrat für heftige Diskussionen. Die Meinung, dass dies „zur Gänze auf die internationale Finanzkrise zurückzuführen ist", wie Wrabetz in seinem Informationsschreiben an die Stiftungsräte betonte, teilten nicht alle Räte. Der Unmut ist groß. Dem Vernehmen nach gibt es im Rahmen der Regierungsverhandlungen sogar diverse Wünsche für Personalrochaden an der ORF-Spitze. Laut dürfte der Ruf nach einem Generalsekretär sein, der könnte - sollte Wrabetz im Amt bleiben - aus den Reihen der ÖVP kommen.

Wrabetz versprach, in der Dezember-Sitzung des Aufsichtsgremiums ein Spar- und Strukturpaket vorzulegen. Allerdings sind derzeit noch nicht einmal die Maßnahmen für das kommende Jahr unter Dach und Fach: 50 Mio. Euro müsse der ORF 2009 sparen, so Wrabetz. Geplante Maßnahmen: Straffung von Strukturen, Änderungen im Dienstrecht (also Nachverhandeln älterer Dienstverträge und eine Neuverhandlung des Kollektivvertrags aus dem Jahr 2003 in Richtung Flexibilisierung), Stellenabbau (250 fixe Stellen sollen über natürlichen Abgang eingespart werden) und Auslagerungen (etwa des Rundfunksymphonie-Orchesters und des Facility-Managements). Diese würden 2009 aber nur ein Einsparungspotenzial von 35 Mio. € bringen - 15 Mio. Euro sind vorerst noch offen. Wrabetz will mit dem Betriebsrat außerdem verhandeln, damit künftig die Mitarbeiter mehr in die private Pensionskasse einzahlen - heuer muss das Unternehmen zehn Mio. € an die Pensionskasse zuschießen.

ORS geht nach Bulgarien

Eigentlicher Anlass für den Sonderstiftungsrat am Mittwoch war eine geplante Auslandsinvestition der ORF-Sendetechniktochter ORS in Bulgarien im Ausmaß von 80 Millionen Euro. Die ORS könne das aus Eigenmitteln und mit Krediten finanzieren, es werden keine Gebührenmittel investiert, so Wrabetz. Der Stiftungsrat segnete die Entscheidung der ORS, sich am Bietverfahren um das bulgarische Sendernetz für Radio und Fernsehen zu beteiligen, mit 18 Pro-, zwei Gegenstimmen und zwölf Enthaltungen ab.

(("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2008))

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