Interne Querelen und eine Absage für die „NZZ“

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Nach Widerstand aus der Redaktion will Markus Somm nun doch nicht „NZZ“-Chefredakteur werden.

Bei der „Neuen Zürcher Zeitung“ geht es derzeit drunter und drüber. Erst hat der „NZZ“-Verwaltungsrat den zunehmend in die Kritik geratenen Markus Spillmann als Chefredakteur der Zeitung überraschend hinauskomplimentiert – am Montag hat dann der vom Gremium in aller Stille designierte Nachfolger, Markus Somm, einen Rückzieher gemacht. Der interne Widerstand in den Reihen der „NZZ“ war zu groß: Somm ist erst im Juni gemeinsam mit dem rechtspopulistischen Politiker Christoph Blocher (Schweizerische Volkspartei) als Verleger und Gesellschafter bei der „Basler Zeitung“ eingestiegen – und vertritt damit eine politische Einstellung, mit der sich die der liberalen FDP nahestehende „NZZ“-Redaktion nicht anfreunden will.

Die Online-Ausgabe der „NZZ“ twitterte den Slogan: „Für eine #liberaleNZZ ohne #somm und #Blochusconi!“ Mehrere Kapazunder, darunter der Chef des Inlandsressorts, René Zeller, sollen laut einem Bericht von „Schweiz am Sonntag“ ihre Kündigung angedroht haben, sollte Somm Chefredakteur werden. Dieser verschickte am Montag dann das Dementi: „Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen, meine Tätigkeit bei der ,Basler Zeitung‘ als Chefredaktor und Verleger unverändert weiterzuführen.“

Veit Dengler als neuer starker Mann?

Seit Längerem arbeitet man bei der „NZZ“ an einer neuen Redaktionsstruktur. So schwebte den Verantwortlichen Mathias Müller von Blumencron als Erneuerer vor: Der ehemalige „Spiegel“-Chef ist seit 2013 Digitalchef der „FAZ“ und hätte laut „Spiegel“ publizistischer Leiter aller „NZZ“-Titel werden und den digitalen Journalismus weiterentwickeln sollen – was faktisch eine Entmachtung von Spillmann bedeutet hätte. Blumencron sagte ab. Die Idee bleibt aber bestehen. „NZZ“-Geschäftsführer Veit Dengler will die Digitalisierung forcieren. Laut Schweizer Newsportal Watson will Dengler, dass Chefredakteure künftig nicht mehr der Geschäftsführung angehören. Der geschasste Spillmann war Mitglied der Unternehmensleitung, Leiter Publizistik und Chefredakteur – und auf Augenhöhe mit Dengler. Sein Nachfolger wird das wohl nicht mehr sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2014)

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