Das Gelbe vom Einerlei: 25 Jahre „The Simpsons“

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Am 17.Dezember 1989 ist die erste Folge der ersten Zeichentrickserie gelaufen, an der Erwachsene mehr Vergnügen finden als Kinder.

Streng genommen ist es heute, Mittwoch, nicht 25 Jahre her, dass „The Simpsons“ erstmals über die Fernsehbildschirme liefen. Schon zwei Jahre zuvor hatten kurze Szenen mit Paterfamilias Homer, Gattin Marge und ihren Kindern Bart, Lisa und Maggie begonnen, die „Tracey Ullman Show“ zu würzen. Rasch erkannte die Führung des Kabelfernsehimperiums Fox, dass diese gelben Zeichentrickgeschöpfe ein eigenes Format rechtfertigen. Irrwitzig schnelle Dialoge, schlaue popkulturelle Bezüge, dazu die brodelnde Chemie einer zugleich typischen und außergewöhnlichen US-Mittelschichtsfamilie: „The Simpsons“ haben in diesem Vierteljahrhundert 31 Emmys gewonnen und das Medium Zeichentrickfilm aus dem Kinderzimmer geholt.

Keine US-Serie hat sich länger gehalten, bald werden es 600 Folgen sein. Der Schöpferdrang von Matt Groening erschlafft auch nach 25 Jahren nicht; man sehe sich zum Beispiel die Eröffnung der ersten Folge der aktuellen 26. Saison an, in welcher die bekannte Sequenz der sich vor dem Fernseher versammelnden Simpsons in eine cyberfuturistische Dystopie transponiert wird. Für Kinder ist das vermutlich völlig unverständlich; Erwachsene hingegen, die „2001: A Space Odyssee“ und den Aufstieg virtueller Realitäten säuberlich in ihren kulturellen Kanon einsortiert haben, frohlocken. Man merkt, dass Groening seinen Zeichenstift in jener Comic-Gegenkultur zu spitzen begonnen hat, welche die Meisterzeichner Robert Crumb und Art Spiegelman hervorgebracht hat.

Schneller, als das Auge denken kann

„The Simpsons“ sind wie russische Matrjoschka-Puppen: in einer Form verbirgt sich die nächste, in der man wieder eine findet, und so weiter. Blitzschnell animiert und smart geschrieben: mit der „Itchy & Scratchy Show“, einem Element so gut wie jeder Folge, lassen „The Simpsons“ nicht nur Zeichentrickserien wie „Tom & Jerry“ als dümmliche Hervorbringungen dastehen, in denen die „Pointen“ nicht nur sprichwörtlich mit dem Holzhammer eingebläut werden. Sie watschen zugleich auch die Scheinheiligkeit des linksliberalen, politisch-korrekten Establishment ab, das brutale TV-Serien anprangert, aber vor der echten Gewalt auf den Straßen gern die Augen verschließt, so lang sie nicht in ihren eigenen elitären Stadtvierteln passiert.

So rasch und detailreich geht es bei „The Simpsons“ zu, dass man sich bisweilen wünscht, ein weiteres Sehfeld zu haben, um alle Einzelheiten aufzuschnappen. Eines bleibt gleich: Zwischen der selbst verschuldeten Dummheit von Papa Homer und der meritokratisch befeuerten Wissbegier seiner Tochter Lisa (die man durchaus mit Scout Finch, dem schlauen Mädchen aus Harper Lees mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Roman „To Kill a Mockingbird“ vergleichen kann) entfalten „The Simpsons“ ein wahrhaftes Panorama der amerikanischen Gesellschaft. Darauf ein kühles Duff!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2014)

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