ORF-Startschuss für neue Struktur

So könnte der ORF auf dem Küniglberg ab 2020 aussehen.
So könnte der ORF auf dem Küniglberg ab 2020 aussehen. (c) ORF
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In der letzten Sitzung des Stiftungsrates in diesem Jahr wurde der neue, günstigere Kollektivvertrag beschlossen, der Startschuss für eine schlankere Struktur am Küniglberg gezündet und das Budget für 2015 abgesegnet.

Es sei eine „historische Sitzung“ gewesen, vielleicht die wichtigste in 30 Jahren, so schwärmte ORF-Chef Alexander Wrabetz nach dem Stiftungsrat am Donnerstag. Das zumindest, werde man vermutlich später mal über diesen Tag sagen. Mit dem Abschluss des günstigeren Kollektivvertrags (15 Prozent unter dem letzten KV 2003) und dem Startschuss für eine neue Organisationsstruktur seien Weichen für die Zukunft gestellt worden.

Der neue KV, der ab 1. März gilt, wird dem ORF in den nächsten 15 Jahren eine Personalkostenersparnis von 150 bis 200 Millionen Euro bringen, so Finanzdirektor Richard Grasl am Donnerstag. Und er ermöglicht dem Sender, mit kleinen Schritten jünger zu werden. Das Durchschnittsalter der ORF-Mitarbeiter liegt derzeit bei 47 Jahren, nur 100 Mitarbeiter sind unter 30. Bis 2025 werden 1000 der 3000 ORF-Angestellten das Pensionsalter erreichen. „Wir müssen daher eine neue Generation an das Unternehmen binden“, so Wrabetz. Das gehe nur "unter zeitgemäßen Konditionen", die der neue Kollektivvertrag biete.

Mit März werden gut 100 Technik-Leasingkräfte und je 40 freie Mitarbeiter in TV und Radio angestellt. Die weitaus mehr, nämlich insgesamt 400 freien Mitarbeiter des ORF sehen den neuen KV nicht ganz so positiv und kritisierten im Vorfeld u. a. die EU-widrige Praxis unbefristeter Kettenverträge in einem offenen Brief. Auch, dass nicht alle freien Mitarbeiter angestellt werden, stößt auf Kritik. Noch mehr die Tatsache, dass Wrabetz auf die Frage, wie man mit weniger Mitarbeitern die gleiche Arbeit bewältigen werde, geantwortet haben soll: Dann müssten eben Sendungen eingestellt werden.

Der neue KV wurde vom Aufsichtsgremium des ORF nicht ganz einstimmig abgesegnet. Als einziger dagegen gestimmt hat der bürgerliche Betriebsrat Robert Ziegler, weil er eine "klare personelle Zukunftsperspektive" vermisse, obwohl er "grundsätzlich sehr dafür" sei, "neue Kollegen schrittweise ins Haus zu holen". Der neue KV bringe allerdings massive Einbußen im neuen Gehaltsschema, über das gesamte Arbeitsleben bringe er einen Gehaltsverlust von 30 Prozent. Das Einstiegsgehalt von Redakteuren liege künftig bei 2.000 Euro brutto. Der Bayerische Rundfunk zahle um 35 Prozent mehr. "Ob man da im Rennen um die besten Köpfe mithalten kann, bezweifle ich", sagte Ziegler.

Neue ORF-Direktoren 2015?

Zweiter großer „Meilenstein“ für Wrabetz war das prinzipielle Okay des Stiftungsrats zum sogenannten Multimedia Operating Model, kurz MMOM. Der knapp 500.000 Euro teuren Studie von Boston Consulting folgend, wird der ORF künftig am gemeinsamen Standort Küniglberg nach Content-Clustern (Information, Kultur/Bildung, Unterhaltung, Sport) und Channels (Ö3, Ö1, ORFeins) organisiert. Die neue Struktur soll spätestens mit dem Beginn der nächsten Geschäftsführungsperiode 2017 stehen, doch Stiftungsräte wie Thomas Zach, Leiter des ÖVP-Freundeskreises, betonten: „Das Richtige duldet keinen Aufschub.“ Ein Satz, der folgende Interpretation zulässt: So durch die neue Struktur schon Änderungen in der Geschäftsverteilung der Direktoren nötig werden, könnten diese schon vor der Wahl des Generaldirektors im Sommer 2016 umgesetzt werden. Konkret bedeutet das, dass sich das bisher fünfköpfige Direktorium (neben dem Generaldirektor je ein Direktor für Finanzen, Programm, Technik und Radio) schon 2015 verändern wird. Das wird ohnehin schon länger kolportiert, immer wieder schwirren Ideen für eine Doppelgeschäftsführung oder eine schlankere Direktorenstruktur herum. Dass nun aber sogar Wrabetz nicht ausschließt, dass sich die Struktur schon vor Mitte 2016 ändert, ist zumindest interessant. 

Generell dürfte somit 2015 ein unruhiges Jahr im ORF werden. Nicht nur weil sich durch die Anstellung von gut 200 Mitarbeitern automatisch Ressourcen und Hierarchien verschieben, auch weil sich ab dem Zeitpunkt, in dem eine neue Organisationsstruktur in Reichweite ist, viele alte und neue Namen für Führungsfunktionen in Stellung bringen werden. Und die Führungsposten werden, wie Wrabetz und Grasl betonen, mit der neuen Struktur weniger.

Kritik an Protestbrief von Peter Klein 

Genehmigt wurde am Donnerstag auch der Finanzplan für  2015, der ein ausgeglichenes Budget vorsieht. Insgesamt werden trotz Großereignis Eurovision Song Contest positive Ergebnisse (EGTs) von 0,3 Millionen im ORF sowie 0,8 Mio. Euro im ORF-Konzern erwartet. Die budgetierten Umsatzerlöse betragen 911 Mio. Euro. Mit einer Erhöhung der Rundfunkgebühren rechnet der ORF 2015 nicht mehr.

Kritik gab es am Protestbrief des interimistischen Ö1-Chefs Peter Klein. Der hatte in einem Brief gewarnt, der Multimedia-Newsroom gefährde den Radiosender. Das sei einfach nicht richtig, sagte die ORF-Geschäftsführung und zeigte sich erbost über diese Aktion. So sei für Ö1 ebenso ein eigenständiger Channel-Manager vorgesehen, wie es ihn bereits bei Ö3 mit Georg Spatt gebe.

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