"Fortitude": Mysteriöses Sterben in der Arktis

Fortitude
Fortitude(c) Sky
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Der Bezahlsender Sky ließ sich sein neues Arktis-Drama "Fortitude" Millionen kosten. Für die Mystery-Produktion wurde eigens Schnee an den Drehort in Island gebracht.

Für Schnee tut der britische Bezahlsender Sky einiges. Nicht nur bei der London-Premiere seiner neuen Serie „Fortitude“ wurden weiße Fake-Flocken angekarrt, um den Kinosaal in eine Winterlandschaft zu verwandeln. Schon bei den Dreharbeiten zur Serie im Vorjahr war der Sender aufgrund der milden Wetterlage in Island gezwungen, Schnee einfliegen zu lassen. Das hat „Fortitude“ angeblich zur teuersten Sky-Serie bisher gemacht. In britischen Medien war von Produktionskosten in Höhe von 34Millionen Euro zu lesen.

Ohne Schnee ließe sich die Geschichte von „Fortitude“ schlechter erzählen. Es ist das Porträt des gleichnamigen fiktiven Städtchens auf der Inselgruppe Spitzbergen im Arktischen Ozean. Die 700 Einwohner leben von der Naturfotografie, der (verbotenen) Eisbärenjagd, der Arktis-Forschung oder der Minenarbeit. Der Rest hält die Grundversorgung aufrecht, als Polizist, Arzt, Kellner oder Supermarktkassier. Eines Tages wird der britische Arktis-Forscher Professor Stoddart tot aufgefunden; er war einer der Gegner eines großen Eishotelprojekts. Hat ihn gar ein Eisbär in seiner Wohnung überrascht und getötet, oder war es doch ein Mensch?

„Fargo“ trifft auf „Twin Peaks“

Der lokale Polizeichef Andersen bekommt jedenfalls Verstärkung vom Festland – womit wir bei Grund zwei für die teure Produktion wären: die sehr prominente Besetzung. So wird der eingeflogene Detective arrogant-großstädtisch von US-Star Stanley Tucci („Hunger Games“) verkörpert. Die Rolle der Stadtchefin Hildur Odegard übernimmt Sofie Gråbøl, seit „Kommissarin Lund“ eine der bekanntesten dänischen Seriendarstellerinnen, die nun erstmals in einer britischen Produktion zu sehen ist. Bei der Premiere in London erzählte sie, sie stehe hier zum ersten Mal auf der anderen, der mächtigen Seite, auf jener der Entscheider. Zumindest zu Beginn sieht es so aus, als ob ihr diese Rolle weniger liegt als die der stillen Revoluzzer-Kommissarin. Vielleicht es ist es aber nur der langsame Einstieg von Drehbuchautor Simon Donald, der den Anfang so schleppend macht. Wir sehen sehr viel Eis und Schnee, viel Natur, häufig aus der Helikopterperspektive.

Nur behutsam nimmt die Handlung Fahrt auf, dafür umso geschickter. Geübte Serienschauer lockt man mit einer Vielzahl an mysteriösen Seitensträngen und Figuren. Also ist da etwa auch der kleine Bub, der mit seiner Spielkameradin ein undefinierbares Etwas im Eis findet und danach plötzlich schwer erkrankt. Der Partner seiner Mutter verlässt das Haus, um eine andere Frau zu treffen, und bemerkt daher nicht, dass der Bub im Fieberwahn barfuß durch den Schnee läuft und schwere Erfrierungen davonträgt. Welche Krankheit hat der Bub, und vor allem – was hat er im Eis entdeckt? Und wohin ist das Mädchen verschwunden, mit dem er draußen im Eis war?

Gekonnt spielt der Brite Christopher Eccleston (bekannt aus „Doctor Who“) den liebenswürdigen Professor Stoddart, der zwar in Folge eins stirbt, aber – ohne zu viel zu verraten – vermutlich weiterhin eine Rolle spielen wird. Bei der Premiere in London gaben alle Darsteller außer dem Amerikaner Tucci zu: Der Hauptgrund für ihre Zusage sei Schauspieler Michael Gambon gewesen. Jeder wollte mit dem britischen Theater-Sir zusammenarbeiten, der seit seinen Auftritten als Schulleiter Dumbledore in den „Harry Potter“-Filmen berühmt ist. Hier spielt er nun einen griesgrämigen, sterbenskranken Fotografen, der nichts mehr zu verlieren hat.

Was wie ein durchschnittlicher deutscher Hauptabendkrimi beginnt, entwickelt sich zu einer schräg-mysteriösen Geschichte, die Kritiker bereits zwischen „Twin Peaks“ und „Fargo“ einordnen. Dass der Schnee, wenn er erst einmal da ist, ein schwieriger Partner bei Dreharbeiten sein kann, ist leider unübersehbar: In einer Dialogszene zieren viele kleine Schneeflocken den Mantel von Stanley Tucci in der Vorderansicht – in der Rückenansicht ist der Mantel aber schneefrei. Da fehlt das Gespür für das Detail.

DIE SERIE

Nach der Horrorserie „Penny Dreadful“ und der Krimiproduktion „The Tunnel“ ist „Fortitude“ die nächste aufwendige hausgemachte Serie von Sky (Koproduzent ist US-Kabelsender Starz). Mit u.a. Sofie Gråbøl, Christopher Eccleston, Stanley Tucci. Die Originalversion ist ab heute, 27. 1., auf Sky Go, Sky Anytime, Sky Online abrufbar. Ab 3. 3. auf Deutsch.

Compliance-Hinweis: Die Autorin war auf Einladung von Sky bei der London-Premiere von „Fortitude“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2015)

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