Der „Metzger“ macht den Detektiv

Der Metzger
Der Metzger(c) ORF
  • Drucken

Robert Palfrader gibt Thomas Raabs sympathischen Antihelden Willibald Adrian Metzger. Regisseur Andreas Herzog sorgt dafür, dass es keine Österreich-Groteske wird.

Menschenscheu ist er, der Willibald Adrian Metzger. Und man kann es ihm nicht verdenken. Früher, als er noch ein dicker Junge war, hat ihm sein Schulkollege Dobermann auf dem Heimweg aufgelauert, ihn niedergeschlagen und mit dem Absatz eines Schuhs auf seiner Stirn ein Hundstrümmerl zum stinkenden Schandfleck breit geschlagen. „Er war ein sonderbarer Junge, der Willibald Adrian, und ,sonderbar‘ ist ein denkbar ungünstiges Attribut im begrenzten Universum heranwachsender Knaben“, beschreibt Thomas Raab in seinem ersten Metzger-Krimi („Der Metzger muss nachsitzen“, 2007) das schwierige Verhältnis dieses Antihelden zur Außenwelt. Die schlechten Erfahrungen häufen sich – bis der Metzger lieber mit Tischen und Schränken spricht als mit Menschen...

Behäbig radelt Robert Palfrader in der Rolle des Restaurators durch eine karge Tiroler Berglandschaft, die – aus der Vogelperspektive betrachtet – mit dem sich langsam über die staubige Straße quälenden Autobus auch eine verlassene Gegend in den Anden sein könnte. Als der Metzger einen Einheimischen nach dem Weg fragt, kriegt er zur Antwort: „Auffe – ume – owe.“ Österreichischer Tourismuscharme ist dem Mann mit dem Kettenhund fremd. Doch während der eine Eigenbrötler einfach nur unfreundlich ist, zeigt der andere seinen sensiblen Charakter: Der Metzger zitiert mit einem besorgten Blick auf den Hund Franz von Assisi. Mag der Charakter dieser Figur zunächst ein wenig plump wirken, Raab modelliert ihn mit seiner detailverliebten Schilderung als grundsoliden, sympathischen Typen, was Robert Palfrader fürs Fernsehen mit einer feinen humoristischen Note unterstreicht.

Dahinter steckt nicht der ORF – diesen durch und durch österreichischen Film hat die ARD in Auftrag gegeben. Für die Deutschen ist die Besetzung mit Palfrader nicht zwingend logisch – der „Kaiser“ und „Braunschlag“-Star ist in Deutschland „alles andere als ein Prime-Time-Gesicht“ (© Spiegel Online). Raab hat mit Holger Karsten Schmidt die Drehbücher für die beiden Metzger-Verfilmungen geschrieben – und entwickelt die Storys ebenso pointenreich wie im Buch.

Penibel achtet Regisseur Andreas Herzog darauf, den typischen Humor nicht zur Österreich-Groteske zu überzeichnen. Kameramann Ralf Noack sucht schräge Perspektiven: Das herannahende Beuschel mit Knödel wird aus der Perspektive der Kellnerin anvisiert – samt Blick von oben in ein zwischen Dirndlrüschen gequetschtes Dekolleté und auf eine Zigarette, deren Asche jeden Moment auf den Teller mit der gar nicht so appetitlichen grau-braunen Sauce zu kippen droht. Christopher Bremus packt alles in einen Soundtrack, dessen gezupfte Alpenklänge auch zu einem gemächlichen Westernritt durch die Prärie passen würden.

Eine Brettljause als Familienaufstellung

In „Der Metzger und der Tote im Haifischbecken“ (12.2., 20.15Uhr, ORF2/ARD) fällt Palfrader nach einem Bremsversagen seiner ehemaligen Jugendliebe Danjela (erfrischend und kokett: Dorka Gryllus) vor die Füße – und landet auf einem abgetrennten Finger. In „Der Metzger muss nachsitzen“ (19.2., 20.15Uhr, ORF2/ARD) stolpert er just auf der Hundewiese über seinen toten ehemaligen Klassenkollegen Dobermann. So entdecken Danjela und Willibald ihre kriminalistische Ader – und klären die Mordfälle dank kreativer Neugier. Einmal spielen die beiden die vertrackten Verwandtschaftsverhältnisse ihrer Verdächtigen mithilfe einer Brettljause nach: eine Familienaufstellung mit Opa Pfeffermühle, Papa Essiggurkerl und einer Erdbeere als Geliebter. Sehr hübsch! So wie der Metzger Möbelstücke Schicht für Schicht renoviert, so lassen Raab und Palfrader den Leser/Zuschauer peu à peu in die Tiefen der Figur vordringen – der wortkarge Restaurator wird zum schlauen Ermittler, zum schüchternen Charmeur. Bald wird auch in Deutschland keiner mehr fragen: „Palfrader – wer?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.