Bob Odenkirk: "Ich mochte Saul Goodman nicht besonders"

Bob Odenkirk als James McGill alias Saul Goodman
Bob Odenkirk als James McGill alias Saul Goodman(c) Lewis Jacobs/AMC
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Die Serie "Better Call Saul" soll die Nachfolge von "Breaking Bad" antreten. "Die Presse" traf Hauptdarsteller Bob Odenkirk zum Interview.

Mit Rekordquoten startete in den USA die Serie "Better Call Saul", die in Österreich seit heute auf Netflix abrufbar ist. In dem "Breaking Bad"-Ableger steht der Anwalt James McGill im Mittelpunkt, der unter dem Namen Saul Goodman zweifelhafte Karriere macht.

"Die Presse": Die ersten Kritiken waren recht wohlwollend. Sind Sie erleichtert?

Bob Odenkirk: Sehr! Ein großer Teil des Kreativteams in Albuquerque (im US-Bundesstaat New Mexiko, wo die Serie gedreht wird, Anm.) ist von "Breaking Bad". Wir waren Teil dieser großartigen Serie, vielleicht einer der besten überhaupt, und wir machen mit dieser Figuren weiter. Es wird natürlich verglichen – und es wird sehr schwer, das zu übertreffen. Wichtig war, dass Vince Gilligan (Serienerfinder, Anm.) und Peter Gould (Drehbuchautor, Anm.) das wollten. Ich war überrascht, wie unvoreingenommen Publikum und Kritiker gegenüber "Better Call Saul" waren. Ich habe die Kritiken nicht gelesen, ich versuche das zu vermeiden. Aber von den Produzenten, Freunden und meiner Frau habe ich gehört, dass die Kritiken gut bis sehr gut waren. Die Leute verstehen, dass Peter Gould und Vince Gilligan die Serie sehr ernst nehmen. Es ist viel Hirnschmalz, Story und Care drin. Ich denke, das liegt auch an der Serie. Ich glaube, dass man da eintaucht und dann nicht mehr fragt: 'Ist sie wie diese andere Serie?' Mit dem Anfang (einer Blende in die Zukunft, Anm.) wird das auch deutlich: Es gab "Breaking Bad" und so ist es für ihn aufgegangen. Aber wo beginnt seine Geschichte?

Wird Sauls Geschichte dort enden, wo wir ihn in Schwarz-Weiß sehen?

Ich habe keine Ahnung. Ich persönlich würde gerne sehen, dass sie über diese Anfangsszene darüber hinaus geht. In eine andere Zukunft.

Haben Sie gleich zugesagt, als Ihnen das Projekt angeboten wurde?

Jedes Mal, wenn wir auf das Thema kamen, habe ich (zu Gilligan und Gould, Anm.) gesagt: Naja, wenn ihr das schreibt, mach ich mit. Mit ungefähr diesem Maß an Euphorie. Ich wollte die beiden nicht unter Druck setzen, damit sie nicht glauben: 'Das ist der große Traum für diesen Schauspieler und er zählt drauf.' Ich wollte dass nur machen, wenn sie diese Geschichte wirklich schreiben wollen. Ich zögerte ein wenig, weil ich zwei Kinder habe. Die Serie wird in Albuquerque gedreht, das dauerte viereinhalb Monate – und meine Familie lebt in Los Angeles. Als meine Kinder erfuhren, dass ich vielleicht ablehne, meinten sie, ich sei verrückt. Und – vielleicht weil sie Teenager sind – freuten sie sich auch, dass ihr Dad mal die Stadt verlässt.

Sind Ihre Kinder "Breaking Bad"-Fans?

Mein Sohn ja. Meine Tochter ist ein Fan von "Better Call Saul" – obwohl sie "Breaking Bad" nicht kennt.

Wie sehr bestimmen Sie die Storyline mit?

Gar nicht. Ich schreibe nicht mit.

Diskutieren Sie nicht mit Vince Gilligan darüber?

Nein. Und ich will auch nichts wissen. Nicht, was sie planen, nicht mal, was in der nächsten Folge passiert. Sie schicken mir Entwürfe, was passieren wird, aber ich lese sie nicht. Denn die Aufgabe eines Schauspielers ist, eine Figur im Moment dazustellen. Ich will es nicht mal sehen, weil ich sonst darüber nachdenke, wie ich dabei aussehe. Aber ich muss es sehen für die DVD-Kommentare.

Was wussten sie bereits über Saul, als sie "Breaking Bad" drehten?

Gar nichts. Wir wussten, dass er eigentlich James McGill heißt und an seine Anwaltslizenz durch ein Fernstudium an der Uni von "Amerikanisch-Samoa" bekommen hat. Das ist alles. Ich dachte immer, er sei aus Chicago, weil ich von dort stamme und mir das hilft. Außerdem ist Chicago ein Ort, an dem Politik und Rechtssystem besonders munter sind. Viele Dinge geschehen abseits der offiziellen Kanäle. Ich dachte, eine Figur wie er passt zu einem Ort wie Chicago.

Wie war es, zwar mit denselben Autoren, aber ohne die "Breaking Bad"-Hauptdarsteller Bryan Cranston und Aaron Paul zu drehen?

Ich sehe das nicht wie vielleicht jemand anders, der als Nebendarsteller plötzlich die Hauptrolle bekommt. Es fühlt sich für mich nicht so einzigartig an. Die Erfahrung, die Hauptperson am Set zu sein, habe ich schon woanders gemacht, etwa bei "Mr Show" (die Serie, die heute in den USA Kultstatus hat).

Haben Bryan Cranston und Aaron Paul "Better Call Saul" gesehen?

Ja, sie kamen zur Premiere. Sie mochten die Serie, sie haben von einem Ohr bis zum anderen gegrinst. Ich denke, was sie daran mochten war, dass die sich unterhalten fühlen und sie die Serie witzig fanden – und sie sahen, dass anders ist als "Breaking Bad". Es hat sie beruhigt, dass die Serie die Wertschätzung von "Breaking Bad" nicht beeinflussen wird.

Werden wir ein paar bekannte Gesichter zu sehen bekommen?

Nicht Walter White und nicht Jesse Pinkman, jedenfalls nicht in der ersten Staffel. Mike (Ehrmantraut, der Privatdetektiv aus "Breaking Bad", Anm.) kommt zurück und er ist sehr wichtig in "Better Call Saul". Und ja, andere. Vielleicht erkennt man sie nicht.

Mögen sie Saul eigentlich?

Ich mochte Saul in "Breaking Bad" nicht besonders – aber ich mag Jimmy McGill. Ich war überrascht, dass die Leute ihn so sehr mochten. In dieser Serie ("Better Call Saul") mag ihn ihn viel mehr.

Und er ist in "Better Call Saul" auch eine vielschichtigere Figur. In "Breaking Bad" fungierte er oft als eine Art Ventil.

Stimmt. Er sagt schon bei seinem ersten Auftritt in "Breaking Bad": "Ich bin nicht Saul Goodman. Ich bin James McGill." Damit sagt er quasi: Das ist Fake, ein Schwindel. Schon allein sein Büro mit diesen Säulen und der Verfassung (der Vereinigten Staaten, die in Übergröße an die Wand tapeziert ist, Anm.). Das ist lächerlich, eine Show! Schon als man ihn zum ersten Mal sieht, bekommt man den Eindruck, dass da noch jemand ist, den man nicht trifft. In dieser Serie trifft man ihn. Jeder spielt doch eine Rolle, in der Öffentlichkeit – und eine andere bei der Familie, und alleine ist man wieder anders.

"Breaking Bad" wurde auch immer als politisch verstanden., als eine Art Statement zur Lage der amerikanischen Mittelklasse. Wie politisch ist "Better Call Saul"?

Hier geht es um Selbsterfahrung, um eine Figur, die ihren Platz in der Welt sucht. Das ist eine sehr persönliche Geschichte. Hat sie sonst einen politischen Einschlag? Ich weiß nicht. Vielleicht geht es um Cliquen und bestimmte Gruppen, in die man nicht hineinkommt. In "Breaking Bad" ging es im Familie, Finanzen, die Midlife-Crisis. Dinge wie Walter Whites Ego, das immer größer wird, kamen später. "Better Call Saul" von Anfang an persönlich.

Compliance-Hinweis: "Die Presse" wurde von Netflix zur Präsentation nach Berlin eingeladen.

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