„House of Cards“: Es ist einsam oben an der Spitze

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Macht zu erobern ist nicht schwer, sie zu nutzen umso mehr: Der gewissenlose Politiker Frank Underwood landet in den zähen Mühen des Regierens.

Die dritte und letzte Staffel der Serie „House of Cards“ kreist um ein Problem, mit dem jeder erfolgreiche Politiker zwangsläufig konfrontiert wird: Was soll man tun, wenn man nach all dem starken, langsamen Bohren harter Bretter mit Leidenschaft und Augenmaß die Wand zur Macht durchbrochen hat und auf dem Chefsessel gelandet ist?

Frank Underwood hat sich 26 Folgen lang vom Klubchef der Demokraten im Abgeordnetenhaus über die Vizepräsidentschaft ins Weiße Haus hochintrigiert, nun aber steckt er in einer schweren Krise. All die Macht ist wertlos, wenn man den Kongress, 80 Prozent der Amerikaner und noch dazu die eigene Partei gegen sich hat. „Ich will keine Version, ich will eine Vision“, bellt Underwood, von Oscar-Preisträger Kevin Spacey wie gewohnt mit der lauernden Gefährlichkeit eines Bullenhais verkörpert, seinen Wirtschaftsberater an, als dieser zarte Bedenken an der Umsetzbarkeit eines großen Gesetzesunterfangens äußert.

Underwood möchte Sozial-, Pensions- und Krankenversicherung radikal kürzen, um mit dem eingesparten Geld ein Arbeitsbeschaffungsprogramm zu finanzieren, das den ebenso knalligen wie inhaltsleeren Namen America Works trägt. Mit diesem Vorhaben hofft Underwood, das Volk und letztlich seine eigene Partei davon zu überzeugen, ihn im Jahr 2016 doch ins Weiße Haus zu wählen. Nach außen hin jedoch gibt sich Underwood einsichtig und gelobt, von den Mühen einer Präsidentschaftskandidatur befreit seine verbleibenden 18 Monate im Amt einzig der Umsetzung von America Works zu widmen. „Sie haben einen Anspruch auf gar nichts“, redet er dem Volk in einer Fernsehansprache aus der Abteilung Blut, Schweiß und Tränen ins Gewissen.

Eine Seifenoper, aber eine mit Hirn

Ein Demokrat, der die drei Heiligtümer des „New Deal“ von Franklin Roosevelt und der „Great Society“ von Lyndon B. Johnson zertrümmern möchte, ein Präsident, der sich aus freien Stücken selbst zur lahmen Ente macht: Spätestens an dieser Stelle wird offenkundig, dass „House of Cards“ kein dramatisierter Blick in den Maschinenraum der Politik ist, sondern eine Seifenoper.

Das ist nicht abwertend gemeint, denn die geistvolle Darstellung persönlicher Begierden und seelischer Abgründe erbaute schon das Publikum der bürgerlichen Trauerspiele von Lessing und Kleist. „Es ist für die Zuseher köstlich, einem Mann zuzuschauen, der durch all diese Blockaden einfach durchschneidet“, sagte Beau Willimon, der Kopf hinter „House of Cards“, im Februar vorigen Jahres im Gespräch mit Journalisten über seine Kunstfigur Frank Underwood. „Es geht ihm um Macht, nicht um Politik. Er sieht überall Möglichkeiten. Er sieht Menschen als Möglichkeiten.“

Das Publikum darf sich somit auf reizvolle Handlungsstränge und Wendungen freuen. Underwood bekommt es mit einem aggressiven russischen Präsidenten zu tun, die Aktionskünstlerinnen von Pussy Riot haben einen Gastauftritt, Underwoods Handlanger, Doug Stamper, kehrt gleichsam von den Toten zurück, und Robin Wright lässt die von ihr mit eisiger Kälte dargestellte Claire eigene politische Ambitionen entwickeln, mit denen Frank keine Freude haben kann. „Wir sind Mörder“, fleht Claire. „Nein“, korrigiert sie Frank, „wir sind Überlebende.“ Das sind sie. Zumindest vorläufig.

Auf einen Blick

Seit Freitag sind alle Folgen der dritten Saison der politischen Fernsehserie „House of Cards“ zu sehen (in Österreich auf Sky, frühere Folgen auf Abruf über Sky Go, Sky Anytime und Sky Online). Dieses vom US-Internetvideoverleih Netflix produzierte Drama dreht sich um das ehrgeizige und gewissenlose Politikerehepaar Frank und Claire Underwood, das auf dem Weg durch die politischen Institutionen der USA im wahrsten Sinn des Wortes keine Opfer scheut. Kevin Spacey und Robin Wright verkörpern die Underwoods, die nun im Weißen Haus angelangt mit den Mühen des Regierens konfrontiert sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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