Österreich-"Tatort": Der Tote aus der Thaya

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"Grenzfall" erzählt eine wahre Geschichte rund um Spitzel im Kalten Krieg. Die Uni Wien hat in diesem "Österreich"-Tatort einen kleinen Gastauftritt.

Zunächst sitzt er noch aufrecht in seinem Kajak – oder Schinakel, wie der Verbindungsbeamte später sagen wird – und paddelt die Thaya hinab. Doch plötzlich kippt er vor den Augen der resoluten Archäologin um, fällt regungslos ins Wasser und ertrinkt. Der Tote hieß Jirsi Radok, und niemand weiß, was der tschechische Geheimdienstmitarbeiter da im Waldviertel suchte.

Der Journalist Max (gespielt von Harald Windisch) hingegen gesteht, dass er nicht nur für das Begräbnis seiner Mutter in seine Heimat zurückgekehrt ist – er will endlich herausfinden, was in jener Nacht im Jahr 1968 passierte, in der sein Vater nicht mehr vom Fischen an der Thaya zurückkehrte. Und dann ist da noch der alte Nachbar Fritz (Charly Rabanser), der verdächtig oft durch das Flussgestrüpp huscht. Nur der Grünen-Abgeordnete und Mühlenbesitzer (Lukas Resetarits) bleibt gelassen und führt die Kommissare aus Wien freudig durch seinen Betrieb.

Der Österreich-„Tatort“, der am Sonntag wiederholt wird, ist, zumindest was den Plot angeht, ein besonderer. Regisseur und Drehbuchautor Rupert Henning verfilmte eine wahre Geschichte rund um ein paar österreichische Männer, die im Kalten Krieg für ein bisschen Geld als Spitzel für die CSSR tätig waren. Es ist ein melancholischer, unblutiger Fall geworden, in dem das Kommissaren-Duo Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) lange grantelnd im Dunkeln tappt. Aufgelockert wird der Fall von der sehr resoluten Archäologie-Professorin (Andrea Clausen), die mit einem Studenten am Ufer der Thaya nach Siedlungsresten aus der Steinzeit sucht. Die Arbeit der Kriminalpolizei belächelt sie, Moritz Eisner nennt sie scherzhaft Emil in Anlehnung an Kästners Kinderbuch und sagt im lustigsten Dialog zu ihrem Assistenten: „Moritz. Bibi. Die heißen alle wie in Kinderbüchern, fällt Ihnen das auf?“

Eine besondere Würdigung erfährt die Universität Wien. Das Jonas-Reindl (Schottentor) und die Säulenhalle sind allerdings nur ein, zwei Mal sehr kurz im Bild. Und ausgerechnet die Szene im Hörsaal der Gerichtsmedizin ist nicht besonders authentisch: So viele eifrige Studenten in einem noch dazu halbleeren Hörsaal sind in der Realität eine Seltenheit.

Der Fall erfährt im letzten Drittel allerdings doch einige interessante Wendungen. Es klärt sich auf, wieso sich Spuren karibischen Perlmutts im niederösterreichischen Boden finden und der sonst so freundliche Nationalratsabgeordnete gar so gegen die Ausgrabungen am Thayaufer wettert.

Etwas verwirrend ist der Auftritt von Thomas Stipsits als Kriminalbeamter, der beim Lachen Schnarchlaute macht. Aber warum sehen wir ihn nach der ersten Szene nur ein einziges weiteres Mal?

(red.)

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