Libanesische Moderatorin wirft Islamisten aus Sendung

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Der Clip wurde zum Hit auf YouTube: Die libanesische Moderatorin Rima Karaki interviewte den Islamisten Hani al-Sebai. Als er ihr befahl, still zu sein, beendete sie das Gespräch. Für sie war ihr Handeln eine Frage der Selbstachtung.

Ein abgebrochenes Interview auf dem libanesischen TV-Sender al-Jadeed entwickelt sich seit vergangener Woche zum YouTube-Hit: Die libanesische Moderatorin Rima Karaki interviewte den in London lebenden Islamisten Hani al-Sebai. Die Anchorwoman musste sich dafür extra ein Kopftuch aufsetzen. Karaki fragte den Koran-Gelehrten, warum sich Christen der Terroristen-Vereinigung "Islamischer Staat" anschließen würden. Al-Sebai wich der Frage aus und setzte zu einer historischen Abhandlung an. Die Moderatorin forderte ihn auf, zur Gegenwart zu kommen. "Unterbrechen Sie mich nicht, ich antworte, wie ich will", sagte al-Sebai. Ein Wortgefecht folgte, beide warfen sich gegenseitig mangelnden Respekt vor. "Halten Sie die Klappe, jetzt rede ich", wies sie al-Sebai rüde zurecht. Das ließ Karaki nicht auf sich sitzen. "Wie kannst du mir sagen, dass ich meinen Mund zu halten habe? Schluss! Wir sprechen nicht weiter", sagte die Anrchorwoman. "In diesem Studio bestimme ich." Sie beendete die Live-Schaltung nach London kurzerhand. Weltweit wurde das Video als mutiges Statement einer Frau in der arabischen Welt gefeiert. Mehr als sechs Millionen Mal wurde der rund drei Minuten lange Clip bisher aufgerufen.

Die Libanesin sieht ihre Reaktion als Frage der Selbstachtung. "Hätte ich nichts gesagt, hätte ich mich dafür selbst gehasst, und ich will mich nicht hassen", sagte sie dem britischen "Guardian". "Als er mir sagte, dass ich die Klappe halten solle, war es nicht mehr möglich, still dazusitzen. Das wäre eine Beleidigung für mich selbst gewesen."

Freund des al-Quaida-Gründers 

Al-Sebai ist höchst umstritten. Er soll dem "Guardian" zufolge 1999 von Ägypten nach Großbritannien geflüchtet sein, nachdem er - in Abwesenheit - wegen terroristischen Aktivitäten verurteilt wurde. Er gilt als Freund des Gründers und Anführers des Terrornetzwerks al-Qaida, Aiman az-Zawahiri, und wurde 2005 mit einem Einreiseverbot in die USA belegt.

Al-Sebai sei eingeladen worden, weil sie gedacht habe, ein konstruktives Gespräch wäre mit ihm möglich, sagte Karaki. Für die Fernsehjournalistin ist das TV-Studio "wie ein Gerichtssaal, jemand muss das Gespräch leiten. Im Unterschied zu einem Gerichtssaal ist es nicht meine Aufgabe, zu urteilen." 

Al-Sebai äußerte sich inzwischen in einem Brief zu dem Eklat. Karaki habe gewirkt, als sei sie "von einem Dämon besessen", nachdem er ihr gesagt habe, still zu sein, hieß es darin.

"Ich fühle mich nicht wie eine Heldin"

"Manche Männer glauben, es sei ihr Geburtsrecht, über Frauen zu bestimmen, aber es gibt jetzt eine Menge Frauen, die dieses Image durchbrechen und viele Männer, die das unterstützen", sagte Karaki dem "Guardian. "Ich fühle mich nicht wie eine Heldin. Ich fühle mich wie jede Frau oder jeder Mann mit Selbstachtung."

Sie kritisierte auch, dass manche Gäste verlangen würden, dass sie während des Interviews ein Kopftuch trage, aber außerhalb des Studios mit Journalistinnen ohne Kopftuch sprechen würden. "Das Kopftuch ist kein Spielzeug, das man aufsetzt oder abnimmt, um Launen religiöser Männer nachzugeben", so die Fernsehjournalistin. "Weil ich das Kopftuch respektiere, tut mir das weh."

>> Interview im "Guardian"

(her)

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