„Altes Geld“: In dieser TV-Welt regiert das Geld

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David Schalko hat eine Familiensaga gedreht, in der erfreulicherweise nichts lustig ist. Der ORF verkauft sie – wie schon „Braunschlag“ – erst als DVD, bevor er sie sendet.

Die in dieser TV-Serie dargestellte Dekadenz erreiche die „Eingeweide ihres Gewissens“: Erschüttert, geradezu zerknirscht gab sich ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner bei der Präsentation von David Schalkos Film „Altes Geld“ im passend herrschaftlichen Rahmen des Palais Schönburg. ORF-Filmchef Heinrich Mis erklärte gleich die Moral der Geschichte: „Immer mehr Reichtum konzentriert sich in den Händen von immer weniger Menschen, das steht auch in der ,NZZ‘ und im ,Handelsblatt‘, das heißt, die Reichen geben es selbst zu.“ Noch sentenziöser fasste es Hauptdarstellerin Sunnyi Melles im Gespräch mit Journalisten: „Ich glaube, Geld ist das Böse.“

Und regiert die Welt. Im Fall von „Altes Geld“ die Wiener Welt, repräsentiert von einem dem Trunk ergebenen, höchst korrupten Bürgermeister, den Herbert Föttinger mit Schnurrbart so spielt, dass Assoziationen mit dem amtierenden Bürgermeister nicht ganz zufällig scheinen. „Der Häupl ist nicht damit gemeint“, versichert Schalko. Man will es ihm glauben, es wäre auch zu plump. (Auch die Boulevard-Brüder Robert und Helmut Falkner seien nicht die Fellner-Brüder, sagt er, na gut.)

Die Geldherrschaft verkörpert indessen Udo Kier mit hohlen Wangen und tiefen, doch leeren Blicken: Dieser Patriarch ist unnahbar, auch für seine Familie, nahe geht ihm nur der drohende Tod in Gestalt einer von Hepatitis zerstörten Leber. Eine neue Leber muss her, koste sie, was sie wolle. Wer erben will, muss sie besorgen.

Im Rennen ums Erbe sind vor allem Sunnyi Melles als zweite Ehefrau des Patriarchen, sozusagen die böse Seele der Familie, Nora von Waldstätten als suizidale Tochter, Nicholas Ofczarek als von der Spielsucht zerfressener Sohn. Der zweite Sohn, gespielt von Manuel Rubey, glaubt, er kann in Afrika ein guter Mensch sein und dem väterlichen System entkommen. Man verrät nicht zu viel, wenn man errät, dass er scheitern muss. Um „Spoiler“ überhaupt zu vermeiden: Es wird alles immer schlimmer und korrupter, die Unterwelt ist mit dem Geldadel verflochten, NS-Vergangenheit spielt eine Rolle (schließlich ist das Geld alt), und der Grünenpolitiker (treuherzig gespielt von Simon Schwarz), der in Folge eins seine Prinzipien trotz Bedrohung durch den Bürgermeister nicht aufgeben mag, wird sich das wohl noch überlegen ...

Nur Klavier und „Dies irae“

„Wir wollen Sie nicht bestechen, wir wollen Sie bezahlen“, sagt der Adjutant des Patriarchen (sehr überzeugend als Zerrissener zwischen den Welten: Thomas Stipsits) zum Grünenpolitiker. „Mach dir um meinen Marktwert keine Sorgen“, antwortet die Frau des Patriarchen, als dieser in einem Anfall von Halbherzlichkeit seine Wertschätzung erklärt. „Liebe ist für den Mittelstand“, heißt es ein anderes Mal. Alles ist Ware, alles hat seinen Preis: Dass dieser beständige Subtext nicht aufdringlich wird, dafür sorgen die Schauspieler, die tragische Menschen spielen, keine komischen Typen.

Ist „Altes Geld“ eine Satire? Dazu ist der Tonfall zu ernst. Schalko hat sich – abgesehen vom „Dies irae“ aus Mozarts „Requiem“, das ganz am Anfang die Lebensbedrohung illustriert – für Klavier als einziges Soundtrack-Instrument entschieden, das verstärkt die Aura einer großbürgerlichen Familiensaga. Und wirkt wie die gediegene, ungewöhnlich bedächtige Regie erfreulich anti-humoristisch: Die Reste von Kabarettismus, die Schalkos Serie „Braunschlag“ noch durchzogen, sind verschwunden. (Gerade Palfrader als Security-Chef darf ein bisserl lustig sein.) Das mag auch daran liegen, dass die Hautevolee, die Schalko, wie er selbst erzählt, in seiner Jugend in Döbling kennengelernt hat, ihm doch näher ist als das Landleben in einem Waldviertler Dorf. Vor allem aber daran, dass Geld, wie gesagt, ernst und böse ist.

Apropos Geld: Der ORF, der die Serie „Altes Geld“ gemeinsam mit der Firma Superfilm produziert hat, verkauft sie zunächst als DVD und online (über die Videoplattform www.flimmit.com). Erst „nach den Wiener Wahlen“, so Mis, am ehesten in der Vorweihnachtszeit, wird sie ins Fernsehen kommen, ins Hauptabendprogramm (20.15 Uhr). Diese Geschäftstaktik habe der ORF schon „im letzten Jahrtausend“ praktiziert, sagt Mis, erfunden habe sie Kathrin Zechner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2015)

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