Radio Stephansdom heißt jetzt Klassik

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Der Sender der Erzdiözese Wien konzentriert sich auf klassische Musik – und hofft auf die digitale Technik.

Seit Donnerstag läuft nun auch in Österreich Digitalradio. Vorerst nur im Testbetrieb und ohne die Beteiligung von Kronehit und ORF. Christoph Wellner, Geschäftsführer und Chefredakteur von Radio Klassik, würde sich hier mehr Eintracht wünschen: „Es brauchte einen Schulterschluss aller Betreiber, damit wir nicht in Spotify und iTunes untergehen.“ Er ist sich aber auch bewusst, dass das Digital Audio Broadcasting (DAB+) nicht für alle gleich wichtig ist: „Bei der digitalen Übertragung fehlt das Grundrauschen. Gerade bei der klassischen Musik ist diese Qualität ganz wichtig, für einen Popsender wird das hingegen kein Problem sein.“

Das ehemalige Radio Stephansdom aber hat sich festgelegt – auf eine neue Markenstrategie, die den musikalischen Schwerpunkt schon im Namen transportiert: Radio Klassik Stephansdom heißt der Sender seit Montag. Zuvor wurden die Wiener befragt: Zehn Prozent hören täglich, acht Prozent mehrmals pro Woche klassische Musik. Insgesamt kam die Untersuchung auf 300.000 Klassik-Freunde in Wien. „Wir haben bisher 3,5 Prozent Reichweite, etwa 75.000 Hörer in Wien und Niederösterreich – das heißt, wir erreichen einen großen Teil der Klassik-Hörer nicht“, sagt Geschäftsführer Carl Rauch. Gleichzeitig habe man bei den regelmäßigen Hörern zwar einen sehr guten Ruf als Musiksender; von anderen werde man aber mit Andachten und Predigten, wie z. B. Radio Maria, assoziiert. Mit einem leichten Relaunch soll sich nun die Anmutung ändern.

Den Missionsauftrag werde man künftig eher „subkutan“ spüren, sagt Rauch – bei den Sonntags- und Feiertagsmessen aus dem Stephansdom natürlich, auch werden kurze religiöse Impulse im Programm verteilt. Man wolle keine „Hofberichterstattung über Pressekonferenzen“ oder Aktionen der katholischen Kirche, dafür die Inhalte – z. B. das Thema Asyl – inhaltlich stärker aufbereiten. Das „Allegro Magazin“ wurde auf sechs bis elf Uhr verlängert, die Gesprächssendung „Rubato“ von zwölf auf elf Uhr vorverlegt, weil die Konkurrenz gegen das Ö1-„Mittagsjournal“ nicht zu gewinnen war. Nun hofft Rauch auf mehr Hörer, mehr Werbeeinnahmen – und mehr finanzielle Unabhängigkeit von der Erzdiözese, die ein Sparprogramm fährt: „Die Hoffnung ist, dass die Erzdiözese, die derzeit zwei Drittel der Kosten zahlt, nur mehr für ein Drittel aufkommen muss.“

DAB+ als Chance für kleine Sender

Mit DAB+, hofft Wellner, werde man dem Klassik Radio Deutschland Paroli bieten können, das vom Westen her (über Frequenzen in Innsbruck und Salzburg) in den Markt drängt – und natürlich dem Platzhirsch Ö1. Mit dem Digitalstandard könnte der kleine Sender relativ kostengünstig in ganz Österreich on air gehen – der Test wird zeigen, wie gut DAB+ angenommen wird. Wellner glaubt, dass vielen nicht bewusst ist, dass sie ein Radio haben, das DAB+ unterstützt – und deshalb nicht umschalten. Neuere Autoradios etwa: „Als ich in der Werkstatt gefragt habe, ob man mir das freischalten kann, haben die nicht einmal gewusst, dass das geht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2015)

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