Im Pool, mit Gelsen, ohne Ente

Das Sommergespraech mit Werner Mueck
Das Sommergespraech mit Werner Mueck(c) ORF
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Sommergespräche. Die wechselhafte Geschichte des sommerlichen Politik-Talks zeugt vom eisernen Wunsch nach Quote im Sommerloch.

1981 lief im ORF-Fernsehen erstmals die Ölmagnaten-Soap „Dallas“, der ORF zeichnete seinen ersten „Musikantenstadl“ auf – und Peter Rabl, Chef der Sendung „Politik am Freitag“, hatte die Idee, die Parteichefs zu sommerlichen Interviews einzuladen. Zum Auftakt traf er FPÖ-Chef Norbert Steger – und es war so heiß, dass die beiden ihr Gespräch kurzerhand im Pool fortsetzten. So cool war später keiner mehr, für Gesprächsstoff und Unterhaltung sorgte die Sendung im Sommerloch aber immer wieder.

Die Sendung mäandert seither zwischen Plauderstunde und ernstem Interview – und erhitzt so und so die Gemüter. Einer, der aus seiner Meinung kein Hehl machte, dass es nicht zu gemütlich zugehen sollte, war Robert Hochner. Als er 1998 Jörg Haider zu Gast hatte (die Sendung hieß damals „Zur Sache spezial“) merkte man ihm an, dass er mit der herrschenden Harmonie nicht einverstanden war: Fürst Karl Schwarzenberg, Manager Rudolf Streicher und Jurist Michael Graff „warfen dem Harvard-Studenten und Großgrundbesitzer Haider Hölzerln zu“, schrieb die „Kleine Zeitung“ nachher: „Man neckte sich, aber man liebt sich auch: Macher unter sich.“ Hochner ließ sich die Verstimmung anmerken – und wurde zwei Tage später durch Elmar Oberhauser ersetzt.

Viel wurde experimentiert – mit und ohne Publikum, mit Ko-Moderatoren, am Urlaubsort der Politiker, im Freien. Einmal musste Franz Vranitzky vor dem Regen in eine „grindige“ Heurigenstube flüchten. Unter Werner Mück bemühte man sich 2002 vor dem Gespräch mit Wolfgang Schüssel, ja nichts falsch zu machen – allein über den Sessel wurde 48 Stunden lang diskutiert –, und dann kamen die Gelsen...

Ingrid Thurnher, vom Winde verweht

2009 wurden Ingrid Thurnher und Maria Vassilakou in Mörbisch fast vom Winde verweht, Wolfgang Buchner war wegen der Glocken auf dem Salzburger Domplatz kaum zu verstehen. Im Bundeskanzleramt machte man sich Sorgen, das Gespräch mit Werner Faymann könnte vom Wetter oder quakenden Enten gestört werden – es fand dann statt auf der Seebühne im Bregenzer Festspielhaus statt. Politologe Fritz Plasser brachte das Dilemma auf den Punkt: Es handle sich um eine „Gratisbühne der spätsommerlichen Selbstinszenierung“. Die Quoten steigen und fallen mit der Brisanz und mit der Quecksilbersäule. 2014 hatte Neos-Chef Matthias Strolz die Nase vorn – und landete mit 718.000 Zusehern auf Platz fünf der Bestenliste des sommerlichen Politik-Talks. (i.w.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2015)

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