BBC: Schwarzsehen in China

The main entrance to the BBC headquarters and studios in Portland Place, London.
The main entrance to the BBC headquarters and studios in Portland Place, London.REUTERS
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Mit ihren Programmen ist die BBC weltweit erfolgreich. 60 Millionen Menschen schauen via Internet zu – ohne zu zahlen. Auch politisch steigt der Druck.

Wer in Großbritannien einen Fernsehapparat oder ein Radio in Betrieb nehmen will, muss dafür eine Gebühr entrichten. Diese „licence fee“ kostet aktuell 145,50Pfund (umgerechnet 207 Euro) im Jahr und dient der Finanzierung der BBC. Im Gegenzug darf der öffentlich-rechtliche Sender in seinen Programmen aber auch nicht werben. Die Einnahmen aus der TV-und Radiogebühr, die aktuell 3,7 Milliarden Pfund betragen, reichen aber längst nicht mehr aus, um den Betrieb der BBC zu finanzieren. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Gesamteinnahmen des Senders – inklusive Lizenzverkäufe und anderer Geschäfte – auf 4,8 Milliarden Pfund. Mit Programmen wie „Sherlock“, „Top Gear“ oder „Strictly Come Dancing“ ist die BBC international erfolgreich, ihre Dokus laufen weltweit im Fernsehen. „Die kreative Kraft des Senders könnte das ganze britische Stromnetz befeuern“, sagt der Kabarettist Lenny Henry.


Aus zwei wurden neun TV-Kanäle. Dass die Einnahmen aus der „licence fee“ für die BBC längst nicht mehr reichen, ist im Grund darauf zurückzuführen, dass der Sender ein Opfer seines eigenen Erfolgs zu werden droht. So ist die BBC in den vergangenen zwanzig Jahren von zwei TV-Kanälen und fünf Radiosendern auf neun TV-Kanäle, zehn landesweite Radiostationen und eine beherrschende Stellung im Internet gewachsen. Außerdem war die BBC Vorreiter im Bereich der Abspieltechnologie von TV-Programmen im Internet. Der 2007 gestartete iPlayer erlaubt individuellen Konsum von Programmen unabhängig vom Ausstrahlungszeitpunkt und wurde weltweit kopiert. Obwohl man bei der Benützung in Großbritannien darauf hingewiesen wird, dass man rechtmäßig auch für den iPlayer die Grundgebühr bezahlen muss, wird die Zahl der Schwarzseher via Internet auf mindestens 500.000 geschätzt. Weltweit sollen es sogar sechzig Millionen Menschen sein, die sich mithilfe technologischer Brücken gratis Zugang zu den beliebtesten BBC-Angeboten verschaffen. Allein in China soll es 38Millionen BBC-Schwarzseher geben.

Schließlich steht die BBC auch unter massivem politischem Druck, der sich mit der Rückkehr der Konservativen, die einigen privaten Konkurrenten der BBC nahestehen, an die Macht noch verschärft hat. Schon 2010 wurde die „licence fee“ bis 2017 auf dem gegenwärtigen Stand eingefroren. Zuletzt musste der Sender die Gebührenkosten für Bürger über 75 Jahre übernehmen – einen gewaltigen Brocken von 750Millionen Pfund.

Damit aber nicht genug. Vor einigen Tagen veröffentlichte die Regierung ein Positionspapier für die 2016 anstehende Erneuerung der BBC Charter für die nächsten zehn Jahre, in dem sie eine umfassende Überprüfung der Größe des Senders, seines Tätigkeitsbereichs und seiner Finanzierung ankündigte. Alles soll zur Disposition gestellt werden. Mit dem Vorwurf an die BBC, „imperiale Ambitionen“ zu hegen, gab Schatzkanzler George Osborne den Ton vor. Bei der Rundfunkgebühr ist sowohl die Umstellung auf eine Haushaltsabgabe als auch ein neuer Verteilungsschlüssel, von dem auch andere Sender profitieren könnten, möglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2015)

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