Medien: Keine Bilder in der „Bild“

(c) Clemens Fabry
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Die deutsche Boulevardzeitung ist Dienstag ohne Fotos erschienen – als Beitrag zur Diskussion über Flüchtlingsfotos.

Die „Bild“-Zeitung macht wieder einmal von sich reden. Am Dienstag erschien das deutsche Boulevardblatt ohne Fotos, auch in der Online-Ausgabe blieben alle für Bilder vorgesehenen Plätze bis zum Mittag grau. Chefredakteur Kai Diekmann erklärte auch, warum: Man wolle zeigen, wie wichtig Fotos im Journalismus seien – etwa jenes des ertrunkenen Flüchtlingsbuben Aylan. Dessen Veröffentlichung war vielfach kritisiert worden.

Die „Bild“ stehe immer wieder für die Veröffentlichung von umstrittenen Fotos ein, sagt Diekmann, auch wenn oft die Forderung laut werde, „Fotos gar nicht oder nur verpixelt zu zeigen, weil sie menschliches Leid zu drastisch dokumentieren“. Für die würdelose Situation der Opfer seien aber „der Krieg oder die Ignoranz der Politik oder unsere Feigheit davor, einzuschreiten“ verantwortlich, findet er. Ein Foto dokumentiere eben, was passiert. „Die Welt ist nicht verpixelt. Und die Welt muss die Wahrheit sehen, um sich zu verändern.“

Zeitungsforscher Horst Röper (Formatt-Institut) meint zwar auch, dass „ein emotional aufrüttelndes Foto“ wie jenes von Aylan einen Sachverhalt „sehr genau beschreibt, weil es ihn auf die Spitze treibt“. Doch jede Redaktion müsse hinterfragen, welches Bild man zeigt – ein Foto, auf dem man den Buben von hinten sieht, tue auch seine Wirkung.

Neue Kampagne: Haltung statt Meinung

Indessen startet die neue Marketing-Kampagne der „Bild“: Der Slogan „Das bringt nur ,Bild‘“ löst den Claim „Bild dir deine Meinung“ ab. Der Verlag wolle lieber mit seiner Haltung werben, denn Meinungsführer gebe es viele, berichtet das Branchenportal W&V. Im sogenannten Brand Book der Marke „Bild“ sind die Werte definiert: Orientierung, Reibung, Kraft, Nähe. Auf der Homepage des Springer-Verlags liest sich das so: „Sich nie aufhalten lassen. Polarisieren. Größer denken, größer schreiben. Überall sein. Laut sein statt flüstern. ,Bild‘ ist das Leitmedium, das Deutschland bewegt.“ Es mag Zufall sein, dass die „Bild“ ohne Bild just vor dem Start der Kampagne erschien – ein kluger Marketing-Coup war sie jedenfalls. (i. w./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2015)

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