ORF: Stiftungsrat schafft den "Maulkorberlass" wieder ab

THEMENBILD ORF
THEMENBILD ORF(c) APA (HARALD SCHNEIDER)
  • Drucken

Erstmals seit Jahren hat der SPÖ-"Freundeskreis" eine Abstimmung verloren: Räte dürfen mit Journalisten wieder über Sitzungen sprechen.

Dürfen ORF-Stiftungsräte mit Journalisten darüber sprechen, was gerade hinter der verschlossenen Tür bei der Stiftungsrats-Sitzung vorgeht? Sie dürfen. Der Stiftungsrat hat am Donnerstag das Redeverbot mit knapper Mehrheit abgeschafft. Der umstrittene „Maulkorberlass“ hatte vorgesehen, dass die Räte während der Sitzung überhaupt nicht mit Journalisten kommunizieren dürfen (sensible Details unterliegen ohnehin der Vertraulichkeit laut Aktienrecht). Die Corporate-Government-Arbeitsgruppe hatte dem Stiftungsrat empfohlen, das Redeverbot aufrecht zu erhalten – doch der Stiftungsrat erteilte dieser Empfehlung am Donnerstag überraschend eine Absage. Eine knappe relative Mehrheit von 16 Räten sprach sich für die Streichung aus, nur 15 Stiftungsräte stimmten für das Verbot. Politisch bemerkenswert: Die „Freundeskreise“ von ÖVP und SPÖ nutzten die Causa, um ihre Mehrheitsfähigkeit in dem 35-köpfigen Gremium im Hinblick auf die Bestellung einer neuen ORF-Geschäftsführung im Sommer 2016 auszutesten. Für den SPÖ-„Freundeskreis“ setzte es erstmals seit Jahren eine Abstimmungsniederlage – sie wurden von ÖVP-nahen Räten, FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger, dem Kärntner Vertreter Siggi Neuschitzer und ORF-Zentralbetriebsratsobmann Gerhard Moser überstimmt.

Der Verein Medienjournalismus Österreich (MÖ) begrüßt die Abschaffung des Redeverbots und wertet das als „Signal für mehr Transparenz“ im ORF. Die im Verein organisierten Journalisten verstehen sich „als Mittler ungefilterter Informationen“ zwischen ORF und Gebührenzahlern. Nun gebe es die Chance, „einen möglichst genauen Einblick“ in die Situation des ORF und die Entscheidungen des Stiftungsrates zu geben.

Grasl: "Eines der härtesten Budgets"

ORF-Finanzdirektor Richard Grasl sagte am Rande der Sitzung, er sei für 2016 mit „einem der härtesten Budgets der vergangenen Jahre“ konfrontiert. Unter anderem wird das Frühstücksfernsehen das Budget mit etwa sechs Millionen Euro netto im Jahr belasten – der Stiftungsrat hat die entsprechende Änderung des TV-Schemas beschlossen. Der Rat sprach sich auch für die Begebung einer ORF-Anleihe zur Teilfinanzierung der Bauarbeiten am Küniglberg aus

(Apa/i. w.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.