„Weinberg“: Weinfest mit Todesfolge

(c) Sky/TM & TURNER BROADCASTING/MARTIN ROTTENKOLBER
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TNT-Serie legt mit „Weinberg“ die zweite Eigenproduktion vor: einen düsteren Psychothriller, auf Hochglanz poliert. Ab heute bei Sky.

In Kaltenzell nimmt man Probleme selbst in die Hand: „Nix da, Polizei“, faucht der Wirt und schnappt sich unter dem toten Blick seiner Trophäen ein Gewehr, um nach dem Rechten zu sehen. Nur weil einer an seinen Tresen taumelt und von einem toten Mädchen fantasiert, muss man ja nicht gleich die Gesetzeshüter aufscheuchen wie die Raben, die in der Gegend zur Plage geworden sind. Sofort machen die Dorfbewohner die Mauern dicht. Gruppendynamisch fühlt man sich in eine Mischung aus modernem Western und düsterer Wolf-Haas-Verfilmung versetzt.

Die Leute sind abweisend und halten zusammen, obwohl die Gräben zwischen den Familien und Nachbarn, oft auch zwischen Eheleuten, tief sind. Dieses Nest ist am Vermodern – es wird von Neid, Missgunst, Sexgelüsten, Bigotterie und Ignoranz zerfressen. Alle haben ihre Geheimnisse – auch der Wirt, der über das Kameraauge im ausgestopften Wildschwein seine Gäste in den Zimmern ausspäht. Dort ist es so ungemütlich wie draußen, wo die Nebelschwaden zwischen den Rieden hängen. Und es würde einen nicht wundern, würde der Fremde hier bald ein dunkles Geheimnis entdecken wie Josef Hader in „Der Knochenmann“ einen abgetrennten Finger. Doch während Hader als Kommissar Brenner einer konkreten Spur nachgehen konnte, ist die tote Weinkönigin von Kaltenzell erst gar nicht tot und dann nach dem Weinfest verschwunden.

Mit einer Platzwunde am Kopf und unter Amnesie leidend, bleibt der Fremde (Ex-„Tatort“-Kommissar Friedrich Mücke) ein namenloser Held, der auf der Suche nach der Wahrheit zwischen Wahnvorstellungen und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden kann. Er zieht den Zuschauer in ein mysteriöses Labyrinth aus Zweifeln und Verzweiflung mit hinein, das ihn an den Rand des Wahnsinns führt. Wenig verwunderlich also, dass sich manche an den Mystery-Klassiker „Twin Peaks“ erinnert fühlen. Doch so verzwickt, wie der Mordfall Laura Palmer wird, ist diese Sache nicht. Die zweite Eigenproduktion von TNT-Serie (nach „Add a Friend“) kommt in sechs Folgen auf den Punkt. Der Sender hat das Format auf Hochglanz poliert – mit u. a. Gudrun Landgrebe als Psychologin und Antje Traue („Man of Steel“) als undurchsichtige Wirtsgattin. Ein Hardcover-Buch und eine aufwendige Website zur Serie unterstreichen den Qualitätsanspruch. Ein gelungenes Stück Fernseh-Fiktion. (i. w.)

„Weinberg“: Ab 6. 10. dienstags um 21.10 Uhr auf TNT-Serie (Sky), auf Sky Go, Sky Anytime und Sky Online und im Internet unter http://weinberg.tnt-tv.de/

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2015)

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