„Kühler Kopf“ beim Schreiben über Flüchtlinge

Konrad Paul Liessmann.
Konrad Paul Liessmann.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Konrad Paul Liessmann warnt davor, dass Qualitätsjournalismus zum Meinungsjournalismus wird.

Pointierte Kritik übte Philosoph Konrad Paul Liessmann an den Medien und ihrem Umgang mit der Flüchtlingskrise: Er warnte davor, dass sich der Qualitätsjournalismus in einen Meinungsjournalismus wandle. Es sei problematisch, „wenn der Wille zum Guten die professionelle Distanz, die Moral die Recherche und die Meinung die Analyse ersetzt“. Große Teile der Gesellschaft würden sich, verstärkt durch soziale Medien, in „Filterblasen und Echoräumen“ bewegen, in denen das Gegenüber stets nur die eigene Meinung wiedergibt. „Kritischer Journalismus, der diesen Namen verdient, müsste diese Blasen zum Platzen bringen. Stattdessen gefällt er sich darin, sie zu verstärken.“ Liessmanns Rede war Teil der Präsentation des neuen Public-Value-Berichts des Zeitungsverbands (VÖZ). Und obwohl noch 55 Prozent der 14- bis 19-Jährigen regelmäßig eine Tageszeitung lesen, sehen die 30 dafür befragten Experten eine Entwicklung mit Sorge: dass sich vor allem junge Menschen nur mehr über soziale Netzwerke informieren.

Ein Runde von Chefredakteuren diskutierte die Herausforderungen des Journalismus bei der Flüchtlingsthematik. Alexandra Föderl-Schmid („Standard“) sagte: „Die Meldungen, die auf uns einprasseln, werden immer mehr, die Auswahl wird immer wichtiger. Was wir nicht berichten, damit können wir auch Meinung machen.“ Rainer Nowak („Die Presse“) sprach sich gegen anwaltlichen Journalismus aus: In der Flüchtlings- und Terrorismusberichterstattung seien vor allem ein „kühler Kopf, Zurückhaltung und wenig Emotionen gefragt“. (awa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2015)

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