„Mr. Robot“: Psychogramm eines Hackers

Mr. Robot.
Mr. Robot.(c) Peter Kramer/USA Network (USA Network)
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Thrillerserie, Gesellschaftskritik, Charakterstudie – „Mr. Robot“ schürft tief. Ab Freitag auf Amazon Prime.

Introvertiert ist ein Hilfsausdruck, wenn man den Computerspezialisten Elliott beschreiben will. Der junge Mann, der sich in der Öffentlichkeit am liebsten in der Kapuze seines Sweatshirts verkriecht und seinen Mitmenschen nicht in die Augen schauen kann, leidet an einer Sozialstörung, Depressionen, Angstzuständen, Einsamkeit und dem zwanghaften Drang zum digitalen Voyeurismus – er hackt sich in Computer und Handys anderer Leute ein und spioniert sie aus (auch wenn er dabei mehr erfährt, als er ertragen kann). Elliott (mit verwirrtem Blick dargestellt von Rami Malek) ist der neue Antiheld des Fernsehens: ein labiler Psycho, der das Leben nur mithilfe von Drogen meistern kann und sich von Männern im dunklen Anzug verfolgt fühlt.

Die zehnteilige erste Staffel von „Mr. Robot“ ist die Antwort des Senders USA Network auf Fernsehphänomene wie „Breaking Bad“ (auch Walter White kommt vom gesetzlichen Weg ab, wenn auch aus weniger hehren Beweggründen wie Elliott), auf den Trend zu Hackerserien (z. B. „Halt and Catch Fire“) und auf das große öffentliche Interesse an Whistleblowern wie Edward Snowden („Citizenfour“). Doch „Mr. Robot“ – benannt nach jenem undurchsichtigen Computerfreak (Christian Slater), der Elliott in der U-Bahn anspricht und ihn zu einer Art Weltverschwörung anstiftet – ist mehr als ein Tech-Thriller, auch mehr als die Gesellschaftskritik an Konsum-, Finanz-, Computerriesen und zweifelhaften Vorbildern (eingeblendet: Donald Trump, Lance Armstrong und Steve Jobs).

Robin Hood mit Selbstzweifeln

Vordergründig kreist die Story um eine Gruppe von Hackern, die die Gesellschaft von jenen befreien will, „die heimlich die Welt regieren“ und „Gott spielen“. Doch Showrunner Sam Esmail verwebt das zentrale Element eines modernen Robin Hood (Elliott hofft unter anderem, durch seine Aktivitäten alle Aufzeichnungen über die Schulden der Menschen zu tilgen) mit dem detailreich definierten Psychogramm seines von Selbstzweifeln zerfressenen Protagonisten. „Ich sehe immer das Schlimmste in den Menschen“, sagt Elliott – und ist sich nicht einmal sicher, auf welcher Seite er selbst steht. Vor allem ist „Mr. Robot“ aber eines: spannende Fernsehunterhaltung. (i. w.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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