Interview zu kritisch: Polens Vizepremier interveniert

POLAND NEW MINISTERS IN GOVERNMENT
POLAND NEW MINISTERS IN GOVERNMENT(c) APA/EPA (JACEK TURCZYK)
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Die Journalistin Karolina Lewicka wurde suspendiert, nachdem sie den Politiker Piotr Glinski beim Interview mehrfach unterbrochen hatte. Stein des Anstoßes war ein Stück von Elfriede Jelinek.

Nach einem kritischen Interview mit dem polnischen Vizepremier und Kulturminister Piotr Glinski ist eine Journalistin des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP Info am Sonntag suspendiert worden. Zuvor hatte der Politiker der rechtskonservativen PiS der Journalistin Karolina Lewicka die Verbreitung von Propaganda vorgeworfen und mit Konsequenzen gedroht.

Zensur von Jelinek-Stück gefordert

"Das ist ein Propaganda-Programm, euer Fernsehsender übt seit einigen Jahren Propaganda und Manipulation aus. Das wird sich aber ändern", schimpfte er. Stein des Anstoßes war ein Interview über die von Glinski geforderte Einstellung eines Theaterstücks von Elfriede Jelinek im Breslauer Teatr Polski.

Da nach Glinskis Informationen in "Der Tod und das Mädchen" ein sexueller Akt durch Pornodarsteller ausgeführt werden sollte, forderte er in einem Brief an den Vorsitzenden des niederschlesischen Landtages eine sofortiges Ende der Proben.

Trotz massiver Proteste konservativer Kreise fand die Premiere dann jedoch am Samstag statt. 20 Demonstranten versuchten nach Polizeiangaben vor der Aufführung den Zutritt zum Theater zu blockieren. Einige von ihnen seien vorübergehend festgenommen worden. Der Chef des Breslauer Theaters, Krzysztof Mieszkowski, forderte den Rücktritt des Kulturministers und warf Glinski einen präzedenzlosen Zensurversuch vor.

Rechtliche Grundlage? Keine Anwort

Lewicka befragte den Minister zu den rechtlichen Grundlagen seiner Forderungen. Glinski weigerte sich jedoch, diese zu beantworten und las stattdessen seinen Brief vor. Nachdem die Journalistin den Kulturminister mehrmals unterbrochen hatte, kam es im Studio zu einer heftigen Diskussion.

Einige Stunden später berichtete das Portal www.press.pl, dass Lewicka als Moderatorin der Sendung abgesetzt worden war.

"Reform" für öffentlich-rechtliche Medien

Glinski kündigte unterdessen eine umfassende "Reform" der öffentlich-rechtlichen Medien an. Ein Gesetzesentwurf sehe vor, dass der öffentliche Rundfunk sowie die Polnische Presseagentur in "Kulturinstitutionen" umgestaltet werden, sagte er im Gespräch mit dem Webportal "Wirtualne Media".

Aktuell werden deren Chefredakteure vom Nationalen Fernseh- und Rundfunkrat gewählt. Diese solle sich künftig jedoch ändern, erklärte der Kulturminister. Für die Bestellung der Chefredakteure werde dann ein Gremium zuständig sein, dass durch die Präsidentschaft sowie das Ober- und Unterhaus des Parlaments besetzt werden. In allen drei Institutionen ist die nationalkonservative PiS tonangebend.

(APA)

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