Günther Jauch: Mann mit Quote will nicht mehr

28 06 2015 Berlin Deutschland GER ARD Talkshow Guenther Jauch Thema der heutigen Sendung Showdown im
28 06 2015 Berlin Deutschland GER ARD Talkshow Guenther Jauch Thema der heutigen Sendung Showdown imimago/Stefan Zeitz
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Heute abend geht Günther Jauch mit seiner gleichnamigen Polit-Talkshow das letzte Mal in der ARD auf Sendung. Die Bilanz nach vier Jahren ist gemischt, die Nachfolgerin, Anne Will, ambitioniert.

Im deutschen Fernsehen ist er immer noch beliebt wie kaum ein anderer, den besten Sendeplatz hat er auch – doch Günther Jauch kümmert das nicht. Nach vier Jahren ist heute, Sonntag, seine Zeit als Moderator der wichtigsten politischen Talkshow der Woche abgelaufen. Jauch geht in ARD-Pension, an einer Vertragsverlängerung war er „aus privaten wie beruflichen Gründen“ nicht interessiert.

Statt einer Handvoll Gäste, wie sonst üblich, wird er diesmal nur einen begrüßen: Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble. Für Jauch ist das in mehrfacher Hinsicht eine Genugtuung. Schäuble ist nicht nur der derzeit populärste deutsche Politiker, sondern er hat auch in der Asyldebatte zuletzt klar Position gegen die Kanzlerin bezogen. Diese hatte sich erst im Oktober in einer politisch brisanten Phase lieber zu Anne Will ins Studio gesetzt. Und das, obwohl Will mittwochs im Ersten zu einer schlechteren Zeit auf Sendung geht (wiewohl man die Ausstrahlung für die Kanzlerin etwas vorverlegt hatte). Für Jauch mag das bitter gewesen sein, denn angeblich hatte auch er sich um ein Gespräch bemüht. Es ist nun Anne Will, die von Jauchs Abgang profitieren wird. Die charismatische 49-Jährige wird seine Nachfolgerin, sie war schon seine Vorgängerin. Will übernimmt den Sendeplatz am 17. Jänner. Ihre Freude darüber dürfte groß sein, schließlich nahm ihr Jauch vor vier Jahren den Platz am Sonntagabend weg. Sie soll im Urlaub, zeitgleich mit der Öffentlichkeit, von dieser Entscheidung erfahren haben. Ihre wöchentliche Gesprächsrunde fand seither am Mittwoch, einem quotenschwächeren Tag, zu späterer Stunde, um 22.45 Uhr, statt.


Zusage beim zweiten Mal. Für den öffentlich-rechtlichen war Jauchs Zusage jedoch ein „perfekter Coup“. Der Sender hatte bereits zuvor um ihn geworben. 2007 wiegelte Jauch ab, als nach dem Abgang von Sabine Christiansen ein Loch zu füllen war. Er wolle seine Sendung nicht zum Spielball der politischen Farbenlehre machen, sagte er damals. Dafür bekam Will den Zuschlag.

Mit angeblichen Kosten von mehr als elf Millionen Euro pro Jahr gilt Jauchs Diskussionsshow als die teuerste des deutschen Fernsehens. Die Einschaltquoten der Sendung können sich jedoch immer noch sehen lassen. Jauchs Sendung beginnt um 21:45 Uhr, eine optimale Zeit für politische Debatten. Gleich nach dem „Tatort“-Krimi schauen ihm im Schnitt wöchentlich 4,6 Millionen zu. Das ist ein Marktanteil von 16 Prozent. Den Höhepunkt gab es 2013, nach dem Duell zwischen Angela Merkel und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück, mit 8,25 Millionen Sehern und 30 Prozent Marktanteil.


Aufregung um Varoufakis' Mittelfinger. Doch die Sendung sorgt auch immer wieder für Kritik. So erst im vergangenen Frühjahr. Auf einem eingespielten Video zeigte man den ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis mit ausgestrecktem Mittelfinger. Der ZDF-Comedian Jan Böhmermann blamierte Jauch mit einem Video, in dem behauptet wurde, Varoufakis' Mittelfinger sei eine Fälschung gewesen. Ob das stimmt, ist bis heute nicht ganz sicher. Jauch reagierte darauf mit keinem Wort. Zuletzt gab es Schelte für den Umgang mit Björn Höcke, einem Politiker der rechtspopulistischen AfD. Als dieser eine Deutschland-Flagge über den Stuhl legte, wusste sich der streckenweise sprachlose Jauch ungewöhnlich schlecht zu helfen.

Als wenig innovativ wurde die Sendung oft kritisiert, weil sie es nicht schaffte, selbst Themen zu setzen, sondern bloß Zusammenfassungen der Woche anbot. Jauch bleibt den Zusehern jedenfalls erhalten. Bei „Wer wird Millionär?“ auf RTL wird er weiterhin die Fragen stellen.

Fakten

2011 ging die politische Talkshow „Günther Jauch“ in der ARD auf Sendung. Nach 157 Ausgaben ist heute, Sonntag, Schluss.

4,6 Millionen Zuseher erreichte Jauch im Schnitt. Das entspricht einem Marktanteil von rund 16 Prozent.

Dem Sender RTL bleibt Jauch nach wie vor treu. Dort wird man ihn weiterhin bei der Quizshow „Wer wird Millionär?“ sehen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2015)

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