„Die Furche“-Jubiläum: „Ihr werdet rudern, nie segeln“

(C) Furche
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Vor 70 Jahren hat Friedrich Funder „Die Furche“ gegründet. Heute präsentiert sich diese Wochenzeitung in gewisser Weise zeitlos.

In einer ersten Annäherung an „Die Furche“, die vor 70 Jahren zum ersten Mal erschienen ist, mag vielleicht eine dezidierte Abgrenzung gegenüber hartnäckigen Vorurteilen hilfreich sein. Nein, das donnerstags erscheinende Blatt will sich nicht als Kirchenzeitung, Verlautbarungs- oder gar Bischofsorgan verstehen, ja nicht einmal als eine katholische Wochenzeitung. „Die Furche“ ist schlicht „die österreichische Wochenzeitung“, wie sie sich selbst definiert.

Nachdenklich, nicht nach Effekt heischend, Dingen auf den Grund gehend, sich Themen von mehreren Seiten nähernd, mit einer gewissen Großzügigkeit und dem Mut zur Langstrecke, soll heißen, zu mehrseitigen Themenschwerpunkten und zu durchaus nicht in fünf Leseminuten zu bewältigenden Beiträgen: In positivem Sinn zeitlos präsentiert sich die Wochenzeitung.

In gewissem Sinn zeitlos, weil sich deren Redaktion – mit Rudolf Mitlöhner als Chefredakteur an der Spitze – Werten verpflichtet fühlt, die nicht Moden folgend kommen und gehen. Einem christlichen Welt- und Menschenbild, ohne den Versuchungen katholischer Engführung zu erliegen. Das war nicht immer so, aber die Zeiten ändern sich. Ohne den Gestus von missionarischem Eifer nimmt die „Furche“ konstruktiv am gesellschaftlichen und politischen Diskurs in Österreich teil. Auch durch Hinweise Mitlöhners in seinem wöchentlichen Leitartikel auf Seite eins wie erst in der jüngsten Nummer: Der zentrale Wert dürfe nicht darin bestehen, keine verbindlichen Werte anzuerkennen. Das Gegenteil sei der Fall. Nivellierende Gleichgültigkeit zerstöre auf mittlere Sicht die Freiheit.

Dass ein Medium mit dieser Ausrichtung (schon seit einigen Jahren) alles andere denn einen leichten Stand auf einem Markt hat, der von Gratis-Digitaldiensten und Gratiszeitungen geschwemmt wird, versteht sich von selbst. Geschäftsführerin Gerda Schaffelhofer erinnert sich wohl nicht selten an einen Satz, der ihr vor vierzehn Jahren vom Eigentümer Styria auf ihren Weg in die Geschäftsführung der „Furche“ mitgegeben wurde: „Ihr werdet immer rudern müssen, ihr werdet nie segeln können.“ Der Satz hat sich bewahrheitet. Die Leserzahl liegt bei ungefähr 100.000 relativ stabil, doch das mehrjährige, nun ja, allgemeine Stottern der Wirtschaft macht die Akquisition von Anzeigen natürlich auch für das „Furche“-Haus nicht gerade einfacher.

„Respekt vor der redlichen Überzeugung des anderen zu zeigen.“ 70 Jahre ist er alt, der von Friedrich Funder formulierte Gründungsauftrag. Bis zu seinem Tod 1959 führte einer der prononciertesten und polarisierendsten Journalisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Publikation.

Respekt vor der Überzeugung des anderen zeigen – Funder wusste selbst nur zu genau, was er damit meint. Schließlich war der gebürtige Grazer als Chefredakteur der christlich sozialen „Reichspost“ in die verbalen Auseinandersetzungen und in die ideologische Polarisierung der unterschiedlichen Lager allzu tief verstrickt. Nach Nazi-Terror und KZ-Erfahrung darf Funder als markantes Beispiel eines Geläuterten gelten.

Diese Woche nun feiert also die „Furche“. Mit einer 48-seitigen Sonderausgabe und am Freitagabend bei einem Festakt im Kunsthistorischen Museum. Als Laudator wird der emeritierte Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner erwartet. Und auch Bundespräsident Heinz Fischer, Stammgast beim traditionellen „Furche“-Heurigen im Sommer, kommt aus der Hofburg und hält eine Rede. Wohl auch, um „Respekt vor der Überzeugung des anderen zu zeigen“. Womit sich der Kreis zu Funder schließt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2015)

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