„Politico“ schlug ein zu rasantes Tempo an

Zwei Gründerfiguren verlassen das Washingtoner Onlinemagazin, das womöglich zu schnell gewachsen ist.

Als „Politico“ am Wahlabend 2012 im Newseum, dem Medienmuseum an Washingtons Mall, eine Party schmiss, riss sich die halbe Stadt um eine Einladung. Durch den Abend führten Ko-Chefredakteur Jim VandeHei und Chefreporter Mike Allen, Autor und Gründer des legendären „Playbook“, des unverzichtbaren Tagebuchs für die Politfreaks in der US-Hauptstadt, das News und Tratsch samt Geburtstagen und Sportresultaten auflistet. Das Onlinemagazin hatte es geschafft: Es war „talk of the town“.

Nach dem Wahlabend am 8. November werden VandeHei und Allen die Zentrale der News-Website für Insider in Rosslyn vis-à-vis von Georgetown indes verlassen. Ein Zwist mit Eigentümer Robert Allbritton über die Strategie und die weitere Expansion führte zum Bruch. Das Wachstum war womöglich doch zu rasant.

Seit seiner Gründung 2007 hat sich „Politico“ als Nachrichtenbörse und als Meinungsbazar etabliert – und ist inzwischen mit einer Brüssel-Ausgabe nach Europa expandiert. In seinem Buch „This Town“ schildert „New York Times“-Reporter Mark Leibovich, in welch rasendem Tempo „Politico“ die Politkultur in Washington verändert hat. Die Chefredakteure VandeHei und John Harris sowie Allen kamen alle von der „Washington Post“, bei der ihr Onlineprojekt letztlich scheiterte.

Die Filialen in New York und Brüssel erzielten bisher jedoch nicht den erhofften Erfolg, und auch die Website verlor an Zuspruch. In den vergangenen Jahren wanderten renommierte Journalisten zu CNN und zur „New York Times“ ab – und weitere werden wohl bald folgen. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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